piwik no script img

Archiv-Artikel

Interesse an der Homo-Ehe geht zurück

Fünf Jahre nach der ersten Eintragung einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft sinkt die Zahl der Neueintragungen deutlich. Kritisiert wird die steuerliche Ungleichbehandlung gegenüber Ehepaaren

Fünf Jahre nach dem ersten Ja-Wort zu einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft ist die Euphorie über die Homo-Ehe abgekühlt. Die Eintragungen haben seit 2001 deutlich abgenommen, ergab eine dpa-Umfrage in den größeren Städten Niedersachsens und in Bremen. So wurden im ersten Halbjahr 2006 in Hannover 19 Homo-Ehen geschlossen. Im gesamten Jahr 2001 waren es noch 71 gewesen.

Am 1. August 2001 wurde im Alten Rathaus von Hannover die bundesweit erste Partnerschaft zweier Männer amtlich eingetragen. Seitdem haben sich nach Angaben von Stadtsprecher Karlheinz Utgenannt in der niedersächsischen Landeshauptstadt insgesamt 298 homosexuelle Paare das Ja-Wort gegeben.

In Bremen schlossen im vergangenen Jahr 38 Paare eine Lebenspartnerschaft, wie der Sprecher des Innensenats mitteilte. 20 davon seien männlich gewesen, 18 weiblich. In diesem Jahr gingen bislang 21 Paare die Homo-Ehe auf dem Standesamt Bremen ein. 11 Paare waren männlich, 10 weiblich.

In Göttingen gaben sich seit Sommer 2001 42 Paare das Ja-Wort, davon waren 22 Frauenpartnerschaften. In Osnabrück waren es bis Ende Juli dieses Jahres 50 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, 35 davon männlich. Das Lüneburger Standesamt verzeichnete bislang 28 Homo-Ehen, ebenfalls mit einem deutlichen Männer-Übergewicht. Auch Wolfsburg scheint keine Hochburg der Homo-Ehe zu sein. 2005 hatten sich drei männliche Paare das Ja-Wort gegeben, 2004 waren es drei männliche und vier weibliche Paare.

Nach Schätzungen des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) wurden seit Einführung der Homo-Ehe bundesweit etwa 40.000 Lebenspartnerschaften geschlossen. „Das Lebenspartnerschaftsgesetz hat für eine liberalere Atmosphäre gegenüber Homosexuellen gesorgt“, lautet die Bilanz von Julia Borggräfe vom LSVD-Bundesvorstand. Doch die von Schwulen und Lesben erhoffte echte Gleichstellung sei bislang nicht erreicht. Vor allem im Steuerrecht herrscht aus Sicht vieler Betroffener „schreiende Ungerechtigkeit“ im Vergleich zu heterosexuellen Ehen.

Für die Finanzämter gelten eingetragene Lebenspartner als Singles, was zu Nachteilen bei der Einkommensteuer führt. Das deutlich größere Interesse von Männern an der Homo-Ehe erklärt der LSVD damit, dass es Lesben eher möglich sei, zusammenzuleben, ohne ihre Neigung öffentlich zu bekunden. DPA/TAZ