LIEBESERKLÄRUNG
: Recep Tayyip Erdogan

DER TÜRKISCHE PREMIER VERSETZT BEI SEINEM DEUTSCHLANDAUFTRITT DIE DAMEN IN WALLUNG

Endlich ein Politiker, der klare Worte findet („Wieso Reporter ohne Grenzen? Reporter brauchen Grenzen!“). Einer, der sich nicht reinquatschen lässt („Ich habe der Justiz Gerichtsgebäude aus Marmor bauen lassen, damit sie besser arbeiten kann. Nicht damit sie sich gegen mich verschwört!“). Einer, der große Visionen hat und sein Volk daran teilnehmen lässt („Die Türkei gehört zu den zehn Staaten weltweit, die ihre eigenen Kriegsschiffe produzieren!“).

Als „ein Mann wie ein Mann“ wurde der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan anmoderiert, als er diese Woche im Berliner Tempodrom vor 5.000 jubelnde Anhänger trat. Und ja, er ist es, die Reinkarnation des resoluten osmanischen Mannes, der mit seiner Unbeugsamkeit selbst tugendhaft verhüllte Damen in Wallung bringt.

Allzeit kampfbereit schafft es Erdogan innerhalb ein und derselben Wahlkampfrede, Staatsanwälte und Gezipark-Demonstranten abzuwatschen, ohne vom eigentlichen Thema abzuschweifen: Demokratie. Und dazu hat Erodgan eben seine eigenen Ansichten. Weil er ein Freigeist ist und Definitionswahnsinn sowieso Sache der handlungsunfähigen Opposition.

Erdogan dagegen spricht die Sprache des Volkes. Er ist Gemüsehändler, Börsenmakler und Hodscha zugleich, weiß ebenso Rat, wenn es um den Reproduktionsrhythmus seiner Bürgerinnen geht, wie bei der Frage, ob Abtreibung ethisch vertretbar ist. Und er sorgt sich um die Jugend – lässt das Internet zensieren und reformiert das Schulsystem hin zu mehr Religion.

Erdogan weiß eben, was Frauen wollen. Das ohrenbetäubende Kreischen seiner weiblichen Anhänger in Berlin war Beweis genug. Bei den Statistiken, wonach Gewalt gegen Frauen in der vergangenen Dekade unter seiner Regierung um rund 1.400 Prozent zugenommen hat, kann es sich letztlich nur um eine weitere Verschwörung des Westens handeln. FATMA AYDEMIR