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Archiv-Artikel

DAVID DENK ÜBER FERNSEHENBLINDE MÜSSEN DEMNÄCHST SECHS EURO GEZ-GEBÜHREN BEZAHLEN. WIE TEUER WIRD ES DANN FÜR EINÄUGIGE? Post an einen Toten

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | Kolumne@taz.de

MontagSusanne Klingner Die Farbe Lila

Dienstag Martin Unfried Ökosex

Mittwoch Kübra Yücel Das Tuch

Donnerstag Matthias Lohre Männer

Freitag Arno Frank Geräusche

Diese Sendung wird ermöglicht durch Ihre Rundfunkgebühr“, erinnert die RBB-Welle Radio Eins ihre Hörer einmal pro Stunde. Eine gute Idee, denn ohne einen Hinweis wie diesen wäre man gelegentlich geneigt, die GEZ, die diese Gebühren eintreibt, einfach nur für eine Geißel der Menschheit wie das Ozonloch, den selbsternannten Medizin-Experten Hademar Bankhofer oder das Finanzamt zu halten (auch Letzteres lässt einen ja immer wieder vergessen, dass es sich dabei um eine sinnvolle Einrichtung handelt).

Die Unbeliebtheit von Finanzamt und GEZ entspricht der Unerbittlichkeit, mit der sie ihre Forderungen eintreiben (und im Falle der GEZ auch ein bisschen ihrer miesen Werbung). Vor ein paar Tagen habe ich von einem besonders kuriosen Fall gelesen: Die GEZ wollte einen Rauhaardackel zur Kasse bitten – einen Rauhaardackel, der seit fünf Jahren tot ist. Wie ein Hund namens „Bini“ überhaupt in die GEZ-Datenbank geraten kann, ist nicht überliefert. Das arme Frauchen Jennifer P. hat der Brief jedenfalls retraumatisiert: „Bei mir kamen sofort alle Erinnerungen hoch. Ich habe geweint und vor Wut den Brief zerrissen.“

Eine sehr gut nachvollziehbare Reaktion – vor allem für Blinde, Gehörlose und Schwerbehinderte, denn auch diese bislang von der Gebühr befreiten Personengruppen dürften bald Post aus Köln bekommen. Denn künftig müssen sie monatlich sechs Euro zahlen – für Programme, die sie nur eingeschränkt nutzen können. Noch. Begründet wird diese Änderung nämlich damit, dass so „die Finanzierung barrierefreier Angebote erleichtert“ wird. In schönstem Behördendeutsch liest sich die Neuregelung so: „Finanziell leistungsfähige Menschen mit Behinderungen haben einen ermäßigten Beitrag in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrags zu entrichten, sofern sie nicht einen Befreiungsgrund geltend machen können.“

Da stellt sich für mich eine Frage: Wenn Blinde sechs Euro monatlich zahlen müssen, wie teuer wird es dann für Einäugige?

Die Antwort von Vereinen und Verbänden der Betroffenen ließ nicht lange auf sich warten. Grundsätzlich signalisierte man Zahlungsbereitschaft, koppelte sie aber an klare Bedingungen: So sollen alle Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von 6 bis 23 Uhr komplett untertitelt werden – auch Live-Sendungen wie „Wetten dass..?“, laut ZDF eine unlösbare Aufgabe, auch wenn das Schweizer Fernsehen seit Jahren jede Show mit Live-Videotext-Untertiteln sendet. Darüber hinaus fordert man fünf Prozent Gebärdendolmetschereinblendung, eine von Hintergrundgeräuschen befreite Tonqualität zur besseren Verständlichkeit für Schwerhörige und eine Selbstverpflichtung der Privatsender, barrierefreie Angebote zu entwickeln.

Laut Schätzungen sind etwa 600.000 Menschen von der Neuregelung betroffen, die GEZ wird also rund 43 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen. Mein Vorschlag: Von dem Geld, das übrig bleibt, könnte man doch Frank Elstner endlich mal seinen eigenen „Platz an der Sonne“ kaufen, einen Ruhesitz, ganz weit weg von jeder Fernsehkamera.