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Archiv-Artikel

CHRISTIAN RATH ÜBER DAS GERICHTSURTEIL ZUR ABGEORDNETEN-PAUSCHALE Freibrief muss nicht sein

Unseren Bundestagsabgeordneten geht es nicht schlecht. Verglichen mit einem Facharbeiter verdienen sie gut. Allerdings verdient der Firmenchef des Facharbeiters meist deutlich mehr, oft ein Vielfaches. Abgeordnete sind also – gemessen an ihrem meist sehr intensiven Einsatz – sicher auch nicht überbezahlt.

Es ist deshalb wenig nachvollziehbar, warum immer wieder, oft auch mit ernsthafter Empörung, über die Höhe von Abgeordnetengehältern und Kostenpauschalen diskutiert wird. Man hat den Eindruck, dass die Abgeordneten – als „die da oben“ – für alle Ungerechtigkeiten der Gesellschaft in Haftung genommen werden.

Gestern nun hat das Bundesverfassungsgericht eine – einst mit viel Medienbegleitung gestartete – Bürgerklage gegen die Aufwandspauschale abgelehnt. Zu Recht, denn die Pauschale verhindert, dass letztlich die Finanzämter darüber entscheiden, was noch zu den Aufgaben eines Abgeordneten gehört und was nicht. Ist das Transparent für die Friedensdemo noch mandatsbedingt oder schon privates Engagement? Die Abgeordneten sollen die Exekutive kontrollieren und nicht umgekehrt.

Das Verfahren hat aber gezeigt, dass Steuerrecht viel mit Psychologie zu tun hat. Eine Regel verliert nun mal an Akzeptanz, wenn sie nicht für alle gilt. Dass nur die Bürger Belege für ihre beruflichen Unkosten sammeln müssen, die Abgeordneten aber nicht, sorgt zumindest bei manchen für Frust und Unverständnis.

Die Parlamentarier sollten deshalb im eigenen Interesse prüfen, ob sie wirklich an einer hohen Aufwandspauschale ohne jede Kontrolle festhalten wollen. Die Prüfung ihrer Belege könnte ja einer neutralen Institution wie dem Bundesrechnungshof anvertraut werden. Und wenn sie großzügig ausgeübt wird, ist auch die Freiheit des Mandats nicht gefährdet.

Inland Seite 6