Ist das ein Verein?

GESCHÄFTE Steuernachlässe trotz Milliardenumsatz: Ein Gericht prüft derzeit den Status des wirtschaftlich sehr aktiven Automobilclubs

BERLIN taz | Seit Januar prüft das Registergericht am Amtsgericht München, ob der ADAC zu Recht noch den Status eines nichtwirtschaftlichen Vereins innehat. Das Gericht wurde nicht von sich aus tätig, was möglich gewesen wäre, sondern aufgrund eines Antrags aus der Bevölkerung. Wer den Antrag gestellt hat, ist bislang unbekannt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet ideelle und wirtschaftliche Vereine, wobei letztere in der Praxis keine Rolle spielen. Die Alternative zum Verein sind in der Praxis die Rechtsformen für Unternehmen, zum Beispiel die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Aktiengesellschaft (AG). Als Verein hat der ADAC Vorteile bei der Umsatzsteuer sowie bei Buchhaltung und Bilanzierung.

Zweck des ADAC ist laut seiner Satzung die Förderung des Kraftfahrwesens, des Motorsports und des Tourismus.

In rund 1.800 Ortsclubs werden zum Beispiel Auto- und Motorradrennen organisiert und findet ein echtes Vereinsleben statt. Zugleich gehören dem ADAC über 20 Unternehmen, von der Pannenhilfe über die Rechtsschutzversicherung bis zur Autovermietung. Die meisten der über 18 Millionen ADAC-Mitglieder sind wohl weniger am Vereinsleben interessiert, sondern an den Diensleistungen der ADAC-Unternehmen. Teilweise werden diese nur Mitgliedern angeboten.

Kommt das Registergericht zum Schluss, dass der ADAC kein ideeller Verein mehr ist, könnte es den Verein aus dem Vereinsregister löschen und ihm die Rechtsfähigkeit entziehen. Der ADAC würde sich dann aber wohl nicht ersatzlos auflösen, sondern seine Rechtsform wechseln und künftig etwa als GmbH firmieren. Gegen einen entsprechenden Beschluss des Registergerichts wären aber auch Rechtsmittel möglich, bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH befasste sich 1982 schon einmal mit dem Vereinsstatus des ADAC. Damals hatten konkurrierende Rechtsschutzversicherungen geklagt und dem ADAC unlauteren Wettbewerb vorgeworfen. Der BGH lehnte allerdings die Klage ab. Der ADAC werde weiterhin von seinen idellen Zwecken geprägt, die wirtschaftliche Tätigkeit sei nur ein Nebenzweck des Vereins, der aber auch den Hauptzielen diene. Berücksichtigt wurde dabei, dass die ADAC-Rechtschutzversicherung selbst als Aktiengesellschaft organisiert ist. Umstritten war nur, ob die ADAC-Mutter ein Verein sein kann.

Das Bundesjustizministerium legte 2004 einen Entwurf zur Reform des zivilrechtlichen Vereinsrechts vor. Danach hätte ein ideeller Verein nur „geringfügige“ wirtschaftliche Nebentätigkeiten ausführen dürfen. In der Begründung war von 10 Prozent die Rede. Doch der Gesetzentwurf wurde vom Bundestag nie beschlossen. CHRISTIAN RATH