Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

In meinen Kinderjahren gehörte Otfried Preußlers „Das kleine Gespenst“ zu den Lieblingsbüchern: Das „Duell“ des versehentlich zu einem Taggespenst gewordenen Geistes mit dem schwedischen General Torsten Torstenson und seinen Truppen (die in Wirklichkeit lediglich die verkleideten Teilnehmer eines 325-Jahre-Festumzugs sind) amüsierte mich auch noch beim x-ten Lesen. In der bislang jüngsten filmischen Umsetzung des Stoffes von 2013 hat der schweizerisch-deutsche Regisseur Alain Gsponer Computeranimation und Realfilm miteinander verbunden und dabei die Geschichte ein wenig gegenwärtiger gestaltet. Der Charme des Gespensts geht dabei jedoch nicht verloren: frech und witzig für Kinder ab 6 Jahren. (13.–19. 2., Cineplex Titania)

Dass die französischen Animationsfilmer im Vergleich gern auf einen didaktischen Anspruch setzen, zeigte auf der Berlinale gerade „Tante Hilda!“, in dem sich eine Botanikerin mit haarsträubenden Genmanipulationen im Namen des Kapitals auseinandersetzen muss. Ganz schön komplex, ebenso wie „Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa“ von Rémi Besancon und Jean-Christophe Lie, der vor zwei Jahren im Kplus-Programm lief und mit deutlich antirassistischer Botschaft eine Geschichte aus der Kolonialzeit erzählt. Ein von einem afrikanischen Jungen begleiteter arabischer Abenteurer will eine Giraffe nach Europa schaffen, sieht sein Vorhaben jedoch immer wieder durch einen fiesen Sklavenhändler bedroht. Künstlerisch erstklassig, inhaltlich aber – trotz des niedlichen Titels – ist der Film bestenfalls für hartgesottene Kinder ab 10 Jahren zu empfehlen. (15.–16. 2., Eiszeit 2)

Einen Überraschungserfolg kann auch der tschechische Animationsfilm „Alois Nebel“ (2010) in unseren Kinos verzeichnen: ein düsteres, schwarz-weißes Werk für Erwachsene, das die Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland nach dem Zweiten Weltkrieg als Ausgangspunkt für eine Geschichte um einen schweigsamen Eisenbahner nimmt. Auf einer Graphic Novel von Jaroslav Rudis und Jaromír Svejdik (alias Jaromir 99) beruhend, erzählt der im Rotoskopieverfahren entstandene Film davon, wie der Titelheld in der Wendezeit von 1989 von Visionen unbewältigter Ereignisse seiner Kindheit heimgesucht und nach einem längeren Psychiatrieaufenthalt zunächst einmal arbeits- und obdachlos wird. Dabei entwirft Regisseur Tomas Lunak ein überaus komplexes Beziehungsgeflecht von Figuren, die sich mit unterschiedlichem Geschick und stark voneinander abweichenden Moralvorstellungen durch die verschiedenen Zeitläufe (Nachkriegszeit, Kommunismus, Wendezeit) lavieren. (13.–19. 2., Tilsiter Lichtspiele, Zukunft 4; 15.–16. 2. Acud 2; 16. 2., Kino Krokodil)