: Medien für Mbeki
2009 wird in Südafrika ein neuer Präsident gewählt, beim TV-Sender SABC hat der Wahlkampf schon begonnen – mit einseitiger Berichterstattung
AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI
Als kürzlich Millionen südafrikanischer Fernsehzuschauer gespannt auf einen Film über Präsident Thabo Mbeki warteten, wurden sie enttäuscht: Der Sender SABC (South African Broadcasting Corporation) hatte ihn kurzfristig und kommentarlos gekippt. Spätere Äußerungen des Senderchefs Dali Mpofu blieben unbefriedigend. Der Film sei einseitig und beinhalte laut Rechtsabteilung des Senders Stoff für eine Verleumdungsklage. Einzelheiten konnte er nicht nennen: Er hatte den Film nicht gesehen. Bei der Entscheidung berief Mpofu sich auf seine Anwälte.
Ex-Vizepräsident Jacob Zuma will 2009 mit aller Macht Präsident Mbeki ablösen.Vieles deutet darauf hin, dass der begonnene Kampf um die Nachfolge sich auch im Sender widerspiegelt und Südafrikas bislang als stabil geltende Pressefreiheit auf die Probe stellt. Das Verbot der Mbeki-Dokumentation setzt einen unrühmlichen Rückwärtstrend in der südafrikanischen Medienlandschaft fort: Nachdem Fernsehzuschauer Bilder zu sehen bekamen, auf der die Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka bei einer Veranstaltung ausgebuht wurde, hat der Sender eine Untersuchung darüber angeordnet, wer die Aufnahmen auf den Sender gelassen hat. Auch wurde später ein geplantes Interview mit Jacob Zuma in einer beliebten Talkshow nicht ausgestrahlt und ein populärer Pro-Zuma-Song aus den Playlisten des SABC-Radiosenders gestrichen. Mbeki-kritische Kommentatoren stehen angeblich auf einer schwarzen Liste.
Die beiden Filmemacher Redi Direko und Ben Cashdan beschuldigen den Sender, ihren Film aus politischen Motiven gestrichen zu haben. Sie hatten ihn nach dem Vorfall einigen Journalisten und Medienwissenschaftlern gezeigt. Die konnten jedoch keine Hinweise auf Verleumdung entdecken. Die Dokumentation beschäftigt sich mit Mbekis Herkunft, seinem Weg zur Macht und kommentiert seinen Regierungsstil. Die Ausstrahlung war für die neue Dokureihe „Unauthorised“ vorgesehen, die kritische Berichte über wichtige Persönlichkeiten zeigen soll.
Südafrikanische Medieninstitutionen wie das Institut für Pressefreiheit reagieren besorgt auf die zunehmende Zensur im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen SABC, aber auch in anderen Medien. „Südafrikas Gesellschaft steckt voller Konflikte, die Armen werden ärmer, die Reichen reicher. Frustration und Ärger werden öffentlicher, und mehr Artikel über soziale Probleme und Schuldzuweisungen provozieren die Autoritäten“, sagt die Direktorin des Instituts Jane Duncan. An direkte Einwirkungen vom Präsidentenamt auf SABC glaubt sie nicht. Aber die Art und Weise, wie die Dokumentation über den Präsidenten aus dem Programm verschwunden ist, deute auf interne Probleme beim Sender hin: „Es herrscht Unsicherheit, welche Nachrichten in welcher Form gesendet werden. Das wird von bestimmten Programmmachern gesteuert.“ Ein derartiges Klima der Nervosität sei vorhanden, gab Senderchef Mpofu zu. Eine Untersuchungskommission, der zur Hälfte unabhängige Mediengutachter angehören, geht den Vorwürfen derzeit nach.
„Das Klima in Südafrika richtet sich schon seit einiger Zeit gegen unabhängige Zeitungen und Meinungsäußerungen“, sagt Duncan. Das äußere sich in zunehmenden Angriffen auf Journalisten, ihre Quellen preiszugeben, bis hin zur Einschränkung von Demonstrationsrechten. Der Wochenzeitung Mail and Guardian droht zum Beispiel ein Gerichtsverfahren, weil sie detailliert über den Korruptionsskandal bei einer Ölfirma berichtete, in den die Regierung verwickelt sein soll. Der Staat versucht sogar, das E-Mail-System der Zeitung anzuzapfen, um an Informationen zu gelangen.
Der größte Prozess gegen einige Zeitungen, darunter auch Mail and Guardian, steht jedoch noch aus: Der potenzielle Mbeki-Nachfolger Zuma will die Medien wegen Rufmord verklagen. Sie hätten in Artikeln über den Vergewaltigungsprozess gegen ihn durch Vorverurteilungen angeblich sein Image beschädigt. Der Vergewaltigungsprozess endete mit einem Freispruch.