: Vom Plankton bis zur Postmoderne
THEATER Der französische Regisseur Philippe Quesne und sein Vivarium Studio denken in ihrem Stück „Big Bang“ die Geschichte der Welt neu
Zu sehen sind vom großen Knall nur die Folgen. Was eben noch ein Eisberg zu sein schien, entpuppt sich als Plastikplane, darunter liegt kopfüber der weiße Citroën, der in „La Mélancholie des Dragons“, dem beim Sommerfestival im letzten Jahr so begeistert gefeierten Stück der Pariser Theatergruppe „Vivarium Studio“ um Regisseur Philippe Quesne, in einer Kunst-Schnee-Landschaft liegen geblieben war. Der Urknall und die Evolution als subtile Fortsetzung – eines Unfalls.
Um den „Big Bang“ kreist das neue Stück des französischen Regie-Shooting-Stars und seines Theaterlabors, große Knalleffekte wird man aber auch auf dem diesjährigen Sommerfestival vergeblich suchen. Vielmehr sind es die kleinen Gesten, das Herumprobieren und Skizzenhafte, die Dokumentation unspektakulärer Rituale, die Kunst als Schöpfungsakt, die die Theaterreise vom Plankton bis zur Postmoderne kennzeichnen: die Geschichte der Welt und des Lebens als Bruch und Neuerfindung, Inszenierung und Absurdität. Sechs auf einer kleinen Insel gestrandete Menschen denken die Welt neu, ohne Antworten zu liefern, eine Welt, die sich beständig weiterdreht, altert und verändert.
Selbst der Titel war nicht mehr als ein Zufall, erzählt Quesne. Und kann alles sein: Explosion, grundlegende Theorie – oder einfach nur Inhalt einer Comic-Sprechblase: das Unspektakuläre als Spektakel.ROBERT MATTHIES
■ Do, 19. 8., Fr, 20. 8., Sa, 21. 8., je 21 Uhr; Künstlergespräch mit Philippe Quesne am Fr, 20. 8., 22.30 Uhr; Kampnagel, Jarrestraße 20