nebensachen aus peking : Kein Ausgang in Friedenszeiten und zu Olympia keine Schreckensbroiler
„Kann man ohne chinesische Sprachkenntnisse überhaupt zurechtkommen?“, fragte kürzlich eine Freundin, die zum ersten Mal nach Peking reisen wollte. „Kein Problem!“, konnten wir sie beruhigen: „Du findest überall englische Beschriftungen, wir bereiten uns schließlich auf Olympia 2008 vor.“
„Überall“ ist kaum übertrieben. Die Behörden und Bewohner der chinesischen Hauptstadt haben sich längst ins Ausländische verliebt. Unbefangen greifen sie zu den ungewohnten Buchstabenverbindungen. Wer in den vergangenen Monaten auf dem Flughafen eintraf, die Passkontrolle passiert und seinen Koffer vom Band geklaubt hatte, landete nicht selten vor einer Seitentür. „No exit in peacetime“, stand da, „In Friedenszeiten kommen Sie hier nicht durch“. Da die Tür stets verschlossen blieb, wussten die Ankömmlinge, dass die Lage im Land ruhig war.
Das war nur der erste Hinweis, dass Peking eine asiatische Metropole voller exotischer Hinweise in Englisch ist, voller mysteriöser Versprechungen, die manchmal sehr rätselhaft und manchmal außerordentlich eindeutig scheinen. Schon die riesigen Werbeflächen an Stadtringen und Wohnanlagen auf dem Weg in die Innenstadt laden zum Träumen ein: Im exklusiven Wohnkomplex „Chateau Edinburgh“ oder einem Villenviertel namens „Champaign Cove“, dessen Reize als „intrinsic broadminded and harmony“ – etwa: „von innen heraus mit weitem Horizont und Harmonie“ – beschrieben werden.
So romantisch geht es nicht immer zu. In der Pekinger Oststadt verkündet die zweisprachige Speisekarte eines Imbisses, der Koch werde den Hunger auf gebratenes Hühnerfleisch mit einer Portion „fright chicken“ – „Schreckensbroiler“ – sättigen. „Fuck the fresh fruit vegetable“ fordert ein braver Gemüseladen.
Solche fantasievollen Begriffe sollen, wenn es nach den Pekinger Stadtoberen geht, bald beseitigt werden. Um zu verhindern, dass Schüler unkorrektes Englisch lernen und Peking sich in den Augen des Auslands lächerlich macht, rufen die Zeitungen und Rundfunkanstalten zu immer neuen Kampagnen auf. Im Taxifahrer-Funk läuft ein Kurs mit englischen Floskeln.
Vor wenigen Tagen erhielten der Pekinger Liu Jian, Mitarbeiter einer IT-Firma, und seine Frau den Siegespreis der Aktion „Beobachtet aufmerksam die Details in der Stadt: falsches Englisch in unserem Umfeld aufspüren“ im Wert von 500 Euro. Das Paar hatte viele Fehler entdeckt.
Die Liste der problematischen Wendungen werde an das Pekinger „Büro für die englisch sprechenden Bürger“ geschickt, versprach die Pekinger Jugendzeitung als Organisatorin der Kampagne. Schade. An der Flughafentür ist das „No exit in peacetime“ ausgewechselt worden. Jetzt heißt es „Emergency Exit“ – „Notausgang.“ JUTTA LIETSCH