ULRIKE HERRMANN ÜBER DIE PERSPEKTIVE VON SCHWARZ-GRÜN IN HAMBURG : Gefährliche Machtfülle
Ein Konservativer charmiert: Christoph Ahlhaus hat den Hamburger Grünen gefallen. Drei Stunden lang haben sie den designierten Nachfolger von CDU-Bürgermeister Ole von Beust kritisch befragt und waren von seinen Antworten so begeistert, dass nun als sicher gilt, dass Schwarz-Grün in Hamburg fortgesetzt wird. Damit ist zumindest bewiesen, dass der Berufspolitiker Ahlhaus seinen Beruf versteht: Konsequent nutzt er seine einzige Machtoption – die Grünen.
Denn die Ausgangslage ist für Ahlhaus wenig erfreulich. Die meisten Hamburger wollen ihn nicht als Stadtoberhaupt, die CDU dümpelt in Umfragen dahin – und gäbe es Neuwahlen, würde die SPD den Bürgermeister stellen. Für Ahlhaus bleibt nur eine Option: Er muss mit den Grünen weiter regieren und darauf hoffen, dass er sich und die CDU bis zur nächsten regulären Bürgerschaftswahl profilieren kann.
Die Hamburger Grünen scheinen eine ungewohnte Machtfülle zu genießen. Als kleiner Koalitionspartner haben sie das Sagen. Doch diese Freude dürfte schnell enden. Sobald sie Ahlhaus offiziell zum Bürgermeister gewählt haben, verändern sich dessen taktische Koordinaten. Dann wird Ahlhaus nur noch ein Ziel kennen: seine CDU zusammenzuhalten und den konservativen Flügel zu beruhigen.
Noch hoffen die Hamburger Grünen, Ahlhaus auf den gemeinsamen Koalitionsvertrag festzunageln – und brav hat er sich mehrfach zu dem Papier bekannt. Doch im Regierungsalltag wird er ein neues Bündnis eingehen: mit dem Mehrheitswillen in der Stadt. Grüne Lieblingsprojekte wie die Stadtbahn sind da schnell zu kippen, die vielen Hanseaten als zu teuer erscheinen. Für die Grünen ist das strategisch fatal. Sie wären nur Mehrheitsbeschaffer. Funktionspartei.
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