: So klappt’s auch mit …
… den verheulten Augen
VON KARIN KONTNY (TEXT) UND ELÉONORE ROEDEL (ILLUSTRATION)
Mir ist zum Heulen, und ich will das so. Mitten im schönen Alltag meiner 1a-Beziehung gibt es Momente, in denen ich mich nach Liebeskummer sehne, nach diesem tiefen, schaurig-schönen Gefühl. Und wenn man will, dann kann man: Liebeskummer künstlich produzieren. Mit Method Acting etwa, einer Schauspieltechnik, bei der man sich in tiefe, schon mal erlebte Gefühle versetzt. Oder – so handhabe ich es – mit Liebesfilmen, in denen es die Protagonisten so richtig kalt erwischt. „Jules und Jim“, „Stolz und Vorurteil“. Oder: „Moselfahrt aus Liebeskummer“. Und schon ist man mittendrin in den Erinnerungen an die Lieben, die misslangen.
Die neue Problemzone
In der Schule liebten mich immer die Falschen und wenn es gerade mal nicht so war, verliebte ich mich eben in einen von ihnen. Der erste Richtige lernte in einem Urlaub eine ältere Skilehrerin kennen. Und meinte plötzlich, aus unserer immerhin fünf Jahre dauernden Teenagerbeziehung ausbrechen zu müssen. Mit meiner zweiten Liebe machte ich Schluss und war trotzdem traurig. Liebe Nummer drei überdauerte bis zur Hochzeit – aber ein paar Monate später kam die Scheidung. Meine Augen, auf den Hochzeitsfotos noch weit offen, waren nach dem Gerichtstermin monatelang verquollen.
Zu Tränen stehe ich – egal ob echt oder künstlich herbeigeführt. Zumindest, solange ich zu Hause bin. Aber wer will schon an jeder Supermarktkasse die gescheiterte Ehe erklären? Meine bisherigen Versuche, die Schwellungen zu beseitigen oder zu kaschieren, waren eher kläglich. Und weil die Unterlider – egal ob bei Männern oder Frauen – sowieso gerade zur neuen Problemzone erklärt werden, ist es Zeit, endlich mal mit Leuten zu sprechen, die etwas von verheulten Augen verstehen.
„Die einfachste Strategie ist natürlich, sich eine Entschuldigung auszudenken“, rät mir Gisela Stehberger. Sie ist Augenärztin in Tübingen. Mit den Auswirkungen von Liebeskummer hat sie in ihrer Praxis eher selten zu tun, trotzdem gibt sie gerne Auskunft. Und schlägt geeignete Ausreden vor: „Mir ist was ins Auge geflogen“ oder „Ich habe eine Allergie“. „Wer dicke Augen ohne viel Tamtam verbergen will, kann einfach eine große Sonnenbrille aufsetzen“, sagt sie. Aber im Februar muss es anders gehen. Vielleicht mit Kamillenumschlägen? Gisela Stehberger rät ab – zu groß ist die Gefahr von Allergien. Auch Hämorrhoidencreme, die etwa auf der Website „Netdoktor“ als Hausmittel zum Abschwellen von Augenlidern angepriesen wird, kann sie nicht empfehlen. „Kühlen mit einem nassen Waschlappen ist gut. Oder abschwellende Augentropfen.“ Allerdings bitte nicht zu häufig, da die Tropfen sonst das Auge austrocknen. Und Schminke? „Kajal nur außerhalb der Lidkante auftragen. Und natürlich wasserfeste Wimperntusche, wenn man weiterweinen will.“
Zum Glück kenne ich da Lisa, die Tochter meines Arztes. Während der Vater mich nur bei echten Krankheiten versorgt, ist Lisa auch in banaleren Situationen immer für mich da. Sie lässt sich gerade zur Kosmetikerin ausbilden an einer Berufsfachschule in Stuttgart, die von Edith Lehmann geleitet wird.
Blinzeln ist Gymnastik
Lehmann, staatlich geprüfte Kosmetikerin, kennt alle Kniffe. Auch sie empfiehlt im Fall dicker Augen, die Partie erst einmal zu kühlen. Mit einer Kühlbrille oder einem Teelöffel direkt aus dem Kühlschrank. „Anschließend kann man sich zum Beispiel etwas beruhigendes Aloe-Vera-Gel sanft in die Partie unter den Augen einklopfen“, sagt sie. Manchmal helfe auch Augengymnastik. Blinzeln beispielsweise sorge dafür, dass die beim Weinen angestaute Flüssigkeit besser abtransportiert wird.
Wer noch mehr braucht, um seine verquollenen Augen zu verdecken, der könne mit Concealer arbeiten, einem Abdeckfluid. Das sollte etwas heller sein als die eigene Hautfarbe – sonst droht der Dunkle-Augenringe-Effekt. Den Concealer nicht verstreichen, „sonst arbeitet man ihn in die Falten ein und betont diese“, rät Lehmann.
Eintupfen ist besser. Zum Schluss noch hellen Lidschatten auf die Augeninnenwinkel und unter den Augenbrauen. Und schwupps – ist der Blick geöffnet, wie man in der Kosmetikersprache sagt.
Bereit für die Suche nach dem nächsten Unglück.