: CDU will Monopol auf das Staatsmonopol
Die CDU setzt eine harte Linie gegen die Anbieter privater Sportwetten durch. Innenminister Ingo Wolf (FDP) wird entmachtet. Bundesligaclubs müssen auf Werbung für „betandwin“ verzichten – und kassieren trotzdem Geld
DÜSSELDORF taz ■ Jürgen Rüttgers will über die Zukunft des nordrhein-westfälischen Wettmarktes alleine entscheiden. Nach taz-Informationen hat der CDU-Regierungschef seinem Innenminister Ingo Wolf (FDP) die Verantwortung für das heikle Thema entzogen: Künftig soll in der Staatskanzlei darüber entschieden werden, ob Werbung für private Sportwetten oder der Betrieb von Wettbüros erlaubt oder verboten sein soll. „Es gab massiven Druck von Seiten der CDU. Für Wolf ist das sehr unangenehm“, heißt es aus dem Umfeld der Landesregierung. Die von der FDP gewünschte Öffnung des Wettmarktes habe Rüttgers nicht tolerieren wollen.
Nordrhein-Westfalen tritt damit im Zockerstreit in die Hardliner-Fraktion unter den Bundesländern ein, die allein dem staatlichen Anbieter Oddset die Annahme von Wetten erlauben möchte. „Die Landesregierung befürwortet das Monopolmodell und ist auch im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz mit Nachdruck für dieses Modell eingetreten“, erklärte ein Regierungssprecher. Vorreiter der Null-Toleranz-Politik gegenüber privaten Wettanbietern ist Bayern: Die CSU-Staatsregierung verbot nicht nur dem Zweitligaclub 1860 München die Werbung für den Branchenführer betandwin, sondern zwang auch Alt-Herren-Fußballmannschaften während einer laufenden Partie dazu, ihre Trikots mit dem Schriftzug des Wettanbieters auszuziehen.
Die Staatsanwaltschaften in NRW lassen Dorfkicker zwar noch in Ruhe, doch zumindest das Profigeschäft soll auch hier wettwerbefrei werden. In einem Brief hatte das Innenministerium den Bundesligavereinen und -städten mitgeteilt, dass es Werbung für betandwin für illegal halte. Einen „kleinen Ermessensspielraum“ billige das Ministerium den lokalen Ordnungsamtschefs zu, sagt eine Sprecherin – doch zumindest in Dortmund sieht man das anders. „Wir sind zum Handeln gezwungen“, sagt Amtsleiter Ortwin Schäfer. Er hat der Borussia die Werbung für betandwin verboten.
Zum Bundesligastart entsteht so beim BVB wie auch beim benachbarten VfL Bochum eine paradoxe Situation: Beide Vereine kassieren Geld vom Sponsor betandwin, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. „Wir haben alles abmontiert, was auf den Sponsor hinweist“, sagt BVB-Sprecher Josef Schneck. Auch die Werbung auf der Homepage des Vereins hat die Borussia nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen entfernen müssen, der VfL Bochum will in diesen Tagen nachziehen.
Wie lange betandwin die Clubs weiter für nicht vorhandene Werbung bezahlt, ist offen. Laufende Verträge muss das Unternehmen erfüllen – und für die Zeit danach soll weiter Lobbyarbeit gegen das Staatsmonopol gemacht werden. „Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz können sich eine Liberalisierung vorstellen“, sagt Firmensprecher Hartmut Schulz. Die restlichen Bundesländer sollen mit einer von betandwin in Auftrag gegebenen Studie der KPMG überzeugt werden. Die Wirtschaftsprüfer sollen darin modellhaft vorstellen, wie ein liberalisierter Wettmarkt an der Förderung des Breitensports beteiligt werden kann. „In England fließen 15 Prozent des Umsatzes in die Sportförderung. So etwas ist auch hier denkbar“, sagt Schulz.
Zum Bundesligastart wird es voraussichtlich keine betandwin-Werbung geben. „Vielleicht steht auf unseren Banden dann: Hier könnte unsere Werbung stehen“, sagt VfL Bochum-Sprecher Christian Gruber. „Betandwin hat durch die ganze Diskussion ohnehin schon viel gewonnnen.“
KLAUS JANSEN