: Letzte Hoffnung Abbruch
Allmählich beginnt die Revitalisierung des Quartiers zwischen Altonaer Bahnhof und Nobistor beginnt. Das Stadtteilbüro des Sanierungsträgers Steg öffnet Anfang September
von Gernot Knödler
Das Quartier links und rechts der Großen Bergstraße in Altona ist ein städtebauliches Sorgenkind, aber eines mit den besten Anlagen: Westlich schließt das blühende Ottensen an, östlich das beliebte St. Pauli. Gäbe es nicht den erdrückenden Hochhauskomplex am Südrand der Straße und das Ausfasern des Viertels zum Nobistor hin, wäre Altona-Altstadt wohl schon heute ein gefragter und belebter Stadtteil.
Der Niedergang wird an dem Hochhauskomplex aus dem Kaufhaus „Frappant“ und dem Büro- und Wohnhaus „Forum“ besonders sichtbar. Seit knapp drei Jahren steht das Gebäude zu großen Teilen leer. Vor anderthalb Jahren zog die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga aus dem Forum aus und nahm 350 Angestellte mit. Viele der alten Geschäfte auf der anderen Straßenseite wurden aufgegeben; überdurchschnittlich viele Menschen sind hier arbeitslos. Rund die Hälfte aller Gebäude im Gebiet rund um die Große Bergstraße sei sanierungsbedürftig, stellte die Firma Gewos in einem Gutachten für den Senat fest. Eine Trendwende zeichne sich aber bereits ab. „Das Untersuchungsgebiet wird als Wohnstandort zunehmend von jungen Menschen, darunter Studenten und jungen Kreativen, nachgefragt“, schreiben die Gutachter. Die Ausweisung als Sanierungsgebiet solle diesen Trend unterstützen, sagt der Altonaer Bezirksamtsleiter Hinnerk Fock (FDP).
Großes Ziel – nicht nur im Hinblick auf das eng umrissene Sanierungsgebiet, sondern auf Altonas Altstadt insgesamt – sei es, „wieder Urbanität einziehen zu lassen“. Dafür soll etwa die überdimensionierte Louise-Schröder-Straße verschmälert werden. Es sollen offene Häuserzeilen durch Blockrandbebauung ersetzt, zu St. Pauli hin Lücken geschlossen und zusätzliche Wohnungen gebaut werden.
Gemanagt wird die Sanierung von der Steg, die das gleiche bereits im Schanzenviertel getan hat. Anfang September wird sie in der Großen Bergstraße ein Stadtteilbüro eröffnen. Bereits Ende August würden die Anwohner und Gewerbetreibenden mit der ersten Ausgabe einer Quartierszeitung über die anstehende Sanierung informiert, sagt Gerhard Wittke von der Steg. Er hofft, dass die Sanierung mit dem Abriss des Frappant starten kann: „Das Wissen um ein Sanierungsgebiet gibt dem Investor die Sicherheit, dass im öffentlichen Raum investiert wird“.
„Eine meiner Hauptaufgaben ist es, dafür zu sorgen, dass das Frappant abgerissen wird“, sagt Bezirksamtsleiter Fock. Über einen Neubau wird schon seit Jahren geredet. Fock zufolge war eine Lösung aber noch nie so nah wie heute. „Ich bin zuversichtlich, dass sich das in den nächsten Monaten klären wird“, sagt er.
Dabei helfen könnten die Geldtöpfe, die für ein Sanierungsgebiet angezapft werden können. Das Beratungsbüro Gewos hatte darauf hingewiesen, dass sich ein Neubau rentieren könnte, wenn der Investor nicht für die Abrisskosten aufkommen müsste. Ein Abriss des östlich anschließenden Forums ist weniger wahrscheinlich. Dort gibt es 250 Wohnungen, die nach den Informationen des Bezirksamtsleiters alle vermietet sind.
Unabhängig vom Sanierungsgebiet wird die Große Bergstraße gerade zu einer Kommunaltrasse umgebaut, die außer von Fußgängern und Radlern nur von Bussen, Taxen und dem Lieferverkehr benutzt werden darf. Sie soll die Straße beleben, ohne dass der Autoverkehr die Überhand gewinnt.
Im Auftrag mehrerer Grundstückseigentümer hat das Projektentwicklungsbüro Konsalt überdies begonnen, die Große Bergstraße als Kunstmeile zu etablieren. Furore machte die Ausstellung „Ding Dong“ im Frappant. Im Kunstraum Jessenstraße spielt das Ensemble Integral und in leer stehenden Geschäftsräumen sind Ateliers eingezogen. Am 1. September soll unter dem Namen „Kultwerk West“ im Forum ein Theaterraum eingerichtet werden. Ziel sei es, die Künstler auch nach der Sanierung im Stadtteil zu halten, sagt Christian Götzke von Konsalt.