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Archiv-Artikel

Versammlung der Kiezpolitiker

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) entscheidet über Bebauungspläne, den Haushalt und Fördergelder. Und sie wählt den Bürgermeister

CDU, SPD und PDS – in der Politik regieren die Abkürzungen. Am 17. September wird zusammen mit dem Abgeordnetenhaus die BVV gewählt. Zeit sich zu fragen, was diese drei Buchstaben bedeuten.

Bezirksverordnetenversammlungen gibt es in jedem der zwölf Berliner Bezirke. Sie werden immer zusammen mit dem Abgeordnetenhaus gewählt. Die Politiker in der BVV bestimmen wiederum das Bezirksamt, also den oder die BürgermeisterIn sowie die Stadträte. Sie sollen von der Bezirksverordnetenversammlung kontrolliert werden. Dafür stehen den Bezirksparlamenten aber lediglich Ersuche und Empfehlungen als politische Mittel zur Verfügung. Sie können das Bezirksamt nicht verpflichten, die angeregten Vorschläge auch umzusetzen. Die Bezirksverordneten können jedoch die Mitglieder des Bezirksamts mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit abberufen. Das wurde bereits mehrere Male versucht, auch erfolgreich. So wurde etwa 1999 der Sozialstadtrat Frank von Olszewski (CDU) im damaligen Bezirk Prenzlauer Berg in den Ruhestand versetzt.

Zu den Aufgaben der BVV zählen außerdem Entscheidungen über Bebauungspläne und die Vergabe von Sondermitteln wie zum Beispiel an Jugendprojekte. Auch der Bezirkshaushalt wird von den Bezirksverordneten beschlossen, er muss allerdings durch das Abgeordnetenhaus bestätigt werden.

Die Sitzungen der BVV sind überwiegend öffentlich. Komplizierte Sachverhalte werden häufig in speziellen Ausschüssen diskutiert, in denen Bezirksverordnete und fachkundige Bürger zusammen sitzen. Nur einige wenige dieser Ausschüsse tagen auch öffentlich.

Für die BVV kann kandidieren, wer in Berlin wohnt und das aktive und passive Wahlrecht besitzt. Die Kandidaten werden von ihrer Partei oder Wählergruppe aufgestellt und auf Wahllisten zusammengefasst. Nach dem Prinzip der Verhältniswahl werden dann die 55 Sitze vergeben.

Die stärkste Fraktion darf den Posten des oder der BezirksbürgermeisterIn besetzen, den Stellvertreter stellt die zweitstärkste Fraktion – die restlichen vier Stadträte werden von den anderen Parteien gestellt. Die Mitglieder des Bezirksamts sind Beamte und arbeiten – anders als Bezirksverordnete – nicht ehrenamtlich.

Die Wahlperiode der BVV ist an die des Abgeordnetenhauses gekoppelt. In der Regel dauert sie also fünf Jahre. Sie kann aber auch kürzer ausfallen, wenn das Abgeordnetenhaus – wie im Jahr 2001 geschehen –vorzeitig aufgelöst wird.

Bei den Wahlen zur BVV sind auch Angehörige anderer EU-Staaten wahlberechtigt, solange sie mit ihrem Hauptwohnsitz in Berlin gemeldet sind. In diesem Jahr können erstmals auch Jugendliche wählen, die mindestens 16 Jahre alt sind.

Während bei der Abgeordnetenhauswahl eine Sperrklausel von fünf Prozent besteht, wurde diese für die Wahlen zur BVV durch ein Urteil des Berliner Landesverfassungsgerichtshofs im Jahr 1997 für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin wurde eine Drei-Prozent-Hürde eingeführt. Die Bezirksverordneten müssen jedoch alle Teil einer Fraktion sein. Parteilose haben es daher auch durch die Prozentsenkung nicht leichter, denn erst ab drei Politikern kann eine Fraktion gegründet werden.

Im Bezirksverwaltungsgesetz ist vorgesehen, dass ab dem 1. Januar 2010 politische Bezirksämter gewählt werden. Damit kann nicht mehr jede Fraktion unabhängig von ihrer Stimmenzahl einen Posten im Bezirksamt besetzen, sondern die Mehrheit in der BVV bestimmt auch die Bezirksregierung. Das könnte dazu führen, dass es in Berlin künftig noch mehr Partei- und noch weniger Bezirkspolitik gibt.

Marlene Wolf