: Im Reuterkiez gehen die Rollläden hoch
Im Kiez um den Reuterplatz in Neukölln standen vor einem Jahr noch 100 Läden leer. Dank Vermittlung durch die Zwischennutzungsagentur wurden 26 Geschäfte vermietet. Doch nicht alle Anwohner sind davon begeistert
Vor einem Jahr sah es in der Bürknerstraße noch trostlos aus: Eine Jugendbande terrorisierte die Nachbarschaft, 100 Geschäfte standen leer. Inzwischen hat sich hier einiges verändert: Galerien und Läden sind eingezogen, der Kiez wirkt belebter.
Bernd Bergmann ist der Eigentümer und Verwalter von Haus Nummer 7. Mehrere Jahre wollte niemand das Erdgeschoss mieten. Im Mai hat Bergmann es saniert, inzwischen logiert hier die Galerie „Klötze & Schinken“. Die KünstlerInnen müssen nur einen Euro pro Quadratmeter Miete zahlen – ihr Vertrag ist dafür aber auch zeitlich befristet.
Dies ist eins von 26 vor allem künstlerischen Projekten, die sich im Reuterquartier niedergelassen haben. Siebenundfünfzig Arbeitsplätze – vorerst auf Zeit – sind so entstanden, berichtet Stefanie Raab von der Zwischennutzungsagentur. Sie hat die Entwicklung im Kiez vorangetrieben. Die Mitarbeiterinnen der Agentur analysieren den Standort und versuchen, Hausverwalter mit potenziellen Mietern zusammenzubringen. Manche Verträge sind dabei nur auf kurze Zeit angelegt. Für wenig Geld werden dabei die leeren Räume vermietet und dadurch attraktiver für langfristige Nutzer.
Gestern zog die Zwischennutzungsagentur ein positives Fazit ihrer bisherigen Arbeit. Ähnlich äußerte sich Heinz Buschkowsky (SPD), Bürgermeister von Neukölln: „Die Rollläden sind oben, hier entstehen Nachbarschaften.“
Auch die Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Hella Dunger-Löper, lobte die jüngsten Entwicklungen im Kiez. Bis 2007 finanziert die Senatsverwaltung die Zwischennutzungsagentur mit über 50.000 Euro. Die Finanzierung durch den Bezirk müsse aber nach den drei Jahren enden, sagte sie. Das Geld sei nur als Katalysator gedacht, der Aktionen kurzfristig anschiebe.
Für Bernd Bergmann hat sich schon etwas bewegt: In einem halben Jahr zieht eine Zahnarztpraxis in die Bürknerstraße 7 ein. Die Inhaber von „Klötze & Schinken“ suchen schon nach neuen Räumen rund um den Reuterplatz. In der Nummer 12 zum Beispiel ist noch Platz. Hier veranstaltet der „Verein zur Aufhebung des Notwendigen“ seit Mai künstlerische und kulinarische Events. Er sucht noch Unterstützung für die Miete. Sowohl der Eigentümer des Hauses als auch die Anwohner haben sich noch nicht vollständig für die Idee der Zwischennutzung begeistern können.
„Einige haben gejubelt“, sagt Raphael Komarnicki, Initiator des Projekts. Eine Anwohnerin habe sogar ihren Geburtstag in den Räumen des Vereins gefeiert. Andere seien allerdings schon dagegen, den Hof zu begrünen, weil sich dann dort Leute hinsetzen könnten. Buschkowski ist dennoch optimistisch: „Neukölln ist mehr als die Rütlischule. Das ist ein Standort, über den jeder reden wird.“
Marlene Wolf