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Archiv-Artikel

Liebenswerter Alltag

Jupp Heynckes‘ Rückkehr verlief unspektakulär: Borussia Mönchengladbach quält sich zum Sieg über Cottbus

MÖNCHENGLADBACH taz ■ Die Tatsache, dass die Weltmeisterschaft einen großen Bogen um Mönchengladbach gemacht hatte, war ganz gewiss nicht der Gründ dafür, dass im Borussia-Park vier Wochen nach dem rauschhaften Fußballfest kaum etwas zu spüren war von WM-Euphorie. Dabei hätten sie alle doch so gerne in die Bundesliga hinüber retten wollen. Vielmehr wirkte dieser Saisonauftakt gegen Energie Cottbus atmosphärisch wie eine Art Heimkehr in den vertrauten und eigentlich auch sehr liebenswerten Alltag. Und die Fußballer taten ihr bestes, derlei Heimatgefühle zu verstärken. Sie boten die alt bekannte Hausmannskost, doch da am Ende „ein hart erarbeitetes“ 2:0 gegen den Aufsteiger stand, wie Marcell Jansen das Spiel umschrieb, mundete diese Mahlzeit bestens. Schließlich muss man sich ja auch entwickeln können in so einer langen Saison.

Der neue Trainer Jupp Heynckes hatte kurzfristig ein 4-2-1-3-System mit Peer Kluge und Eugen Polanski als Doppelsechs vor der Abwehr, dem neuen Argentinier Federico Insua hinter den Spitzen sowie den drei Stürmern Nando Rafael, Michael Delura und Oliver Neuville eingeführt, und das wollte sich einfach nicht zu einer funktionierenden Einheit zusammen fügen. „Ich wollte etwas Neues probieren nach der schlechten Vorbereitung“, erklärte Heynckes, doch er musste erkennen, dass „das in der ersten Halbzeit überhaupt nicht lief“. Nach besten Möglichkeiten für Jiayi Shao, Marco Küntzel und Lawrence Aidoo hätte der Aufsteiger längst führen müssen. Die Lausitzer hatten gut gestanden, klug und schnell nach vorne kombiniert, doch wie es eben so läuft für die Kleinen und wenig Kaltblütigen dieser Bundesligawelt, wendet sich das Schicksal nach solcher Leichtfertigkeit.

Als „Tor aus dem Nichts“ beschrieb Bo Svensson seinen Kopfballtreffer (51.) und nach einem verwandelten Foulelfmeter von Oliver Neuville (60.) führten die Gladbacher plötzlich 2:0. Zudem waren sie nach einer gelb-roten Karte gegen Aidoo (56.) einer mehr. Das Spiel war entschieden, es hätte ein Fest werden können. Doch Heynckes beobachtete gerade in der nun folgenden Phase die offenkundigsten Indizien für die Unreife seiner Mannschaft.

Voller pädagogischem Eifer erläuterte er, dass man in solchen Situationen „mit Selbstverständlichkeit und Selbstvertrauen“ zu agieren habe. „Die jungen Spieler müssen mit dem Ball einfach aggressiver werden. Sie müssen auch Eins gegen Eins gehen, Tempowechsel vornehmen, auf den Gegenspieler zugehen, Doppelpässe spielen. Aber so weit sind wir noch nicht.“ Auch der hoch geschätzte argentinische Neuzugang Federico Insua konnte das Spiel nicht in die vom Trainer erwünschte Richtung lenken. Immer wieder zeigte er seine außergewöhnlichen Fähigkeiten in Dribblings, seine bemerkenswerte Gedankenschnelligkeit im Passspiel, doch er blieb ineffektiv und fand keine Wege, den Rhythmus des Spiels seiner Mannschaft zu beeinflussen.

Es ist eben ein Großprojekt, das Jupp Heynckes da in seiner alten Heimat in Angriff nimmt. Die Borussia wird gründlich umgebaut, und dazu passte, dass am Rande des Spiels bekannt wurde, dass der Klub sich vom ehemaligen Kapitän Jeff Strasser getrennt habe, der in Heynckes‘ Planungen keine Rolle mehr spielte. Diese Personalie ist ein kleines Puzzelstück wie das glanzlose 2:0 gegen Cottbus, doch Siege egal welcher Art waren noch immer der beste Beschleuniger für solch große Umwälzungen wie Heynckes sie angekündigt hat. DANIEL THEWELEIT

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