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Archiv-Artikel

Krieg kostete Milliarden

Der Libanonfeldzug war teuer und hat Israels Wirtschaft geschadet. Kriegskosten werden auf mindestens zwei Milliarden Euro geschätzt

HAIFA taz ■ Einen Tag nach Beginn der Waffenruhe kämpfen in Haifa vor allem Kleinunternehmen im Haupteinkaufszentrum Hadar ums Überleben. „Einen Monat ohne Arbeit führt manch einen schon fast zum Bankrott“, meint Liora Birnhack, Präsidiumsmitglied von Israels Fabrikantenverband. Ihre eigene Schokoladenwaffelfabrik Manamim ist trotz der hohen Verluste in den knapp fünf Wochen des Krieges jedoch nicht vom Untergang bedroht.

Pro Alarm waren in der Fabrik acht große Kisten Ausschuss angefallen: Krümel, die allerdings zum Teil wiederverwertet werden konnten. Die Kekse mussten, um frisch zu bleiben, direkt weiterverarbeitet werden: vom Ofen hin zum Schokoladenüberzug, dann zum Kühlen und anschließend gleich in die Verpackung. „Zu Beginn waren wir noch so aufgeregt, dass wir manchmal vergessen haben, die Geräte auszuschalten“, berichtet Schichtchefin Hanna Goldmann. Damals landeten kistenweise frisch gekühlte Schokokekse auf dem Fabrikfußboden. Rund 800 Kilogramm Keksverlust pro Angriff veranschlagt die Buchführung der Manamim. Das Kilo für zwei Dollar. Dazu kommen beurlaubte Mitarbeiter, die nach Süden flüchteten und für die Ersatz gefunden werden musste.

Und wie war es in ganz Israel? Liora Birnhack ist vorsichtig: „Es gibt Sektoren, die ihre Arbeit sofort wieder aufnehmen können. Andere, wie Tourismus oder Restaurants, die auf Kunden angewiesen sind, werden es schwerer haben.“ Ihr Fabrikantenverband schätzt den Gesamtschaden der Gewerbetreibenden in Nordisrael auf 4,6 Milliarden Schekel (820 Millionen Euro). Um den Schaden aufzufangen, fordert der Verband unter anderem, betroffene Unternehmen von den städtischen Abgaben zu befreien, die Investitionszuschüsse zu erhöhen – und Steuererlasse.

Noch gibt sich Premierminister Ehud Olmert großzügig und kündigt Kompensationen an. „Ich habe großes Vertrauen in die israelische Wirtschaft, in ihre Stärke und Stabilität.“ Unter der Aufsicht der Steuerbehörden sollen zwei Abteilungen mit insgesamt 200 Mitarbeitern errichtet werden: eine für die unmittelbar durch einen Raketeneinschlag entstandenen Schäden; die zweite für die indirekten Geschäftseinbußen im nördlichen Israel. Bislang sind 8.000 Anträge auf Kompensationen für Sachschaden eingegangen. Die Behörde rechnet mit 90.000 Anträgen auf Ersatz der Geschäftseinbußen.

Vorläufig veröffentlicht das Finanzministerium in Jerusalem jedoch noch nicht einmal ungefähre Zahlen über die Gesamtkosten des Krieges. Die Wirtschaftstageszeitung Globes schätzt unter Bezug auf „inoffizielle Quellen“ die Kriegskosten auf 12 Milliarden Schekel (2,15 Milliarden Euro). Davon machten die Ausgaben für die Militäroperation mit 7,8 Milliarden Schekel (1,4 Millionen Euro) den weitaus größten Posten aus. Zusammen mit den Einbußen, die noch nach dem Krieg durch den Konjunktureinbruch in der Wirtschaft entstehen, könnte, so veranschlagt das Blatt, die Summe noch verdoppelt werden.

Der Aktienindex an der Tel Aviver Börse sank im Laufe des Kriegsmonats um zwei Prozentpunkte. Ein Wertverlust, der dem Aktionär und Stabschef Dan Halutz erspart blieb. Er fand noch am Tag, als der Krieg begann, die Zeit, seine Aktien zu verkaufen. Wie die Tageszeitung Ma’ariw gestern enthüllte, begab sich der Stabschef drei Stunden nach der Entführung der beiden israelischen Soldaten persönlich zu seiner Bank, um die Papiere im Wert von umgerechnet 20.000 Euro zu veräußern.

SUSANNE KNAUL