piwik no script img

Archiv-Artikel

Den Schuh zieht er sich gerne an

BUSHIDO VOR GERICHT

Es bleibt hängen, dass es um Körperverletzung ging – Freispruch hin oder her

Eine Nachricht ist eine Nachricht. Für Menschen, die auf Aufmerksamkeit angewiesen sind, ob nun beruflich oder narzisstisch motiviert, gibt es folglich keine schlechten Nachrichten, weil selbst die noch ihre guten Seiten haben.

So ähnlich verhält sich das auch bei Bushido, der Rapper sein will, vor allem aber ein sehr gewiefter Vermarkter seiner Selbst ist. Homophobie, Gewaltfantasien, Beleidigungen – zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk liefert der 35-Jährige Schlagzeilen.

Vergangene Woche saß Anis Ferchichi alias Bushido mal wieder vor Gericht, angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung, die er einem Fan zugefügt haben sollte. Bushido wurde freigesprochen, sogar auf Antrag des Staatsanwalts. Nicht etwa weil fraglich blieb, wie man mit einem Schuh eine gefährliche Körperverletzung verübt: Bushido trägt Sneaker, deren Hersteller sich für eine außerordentlich gute Dämpfung rühmt. Sondern weil das vermeintliche Opfer wohl etwas zu dick aufgetragen hatte.

Für den Musiker ein Triumph im doppelten Sinn: keine Strafe, aber große Aufmerksamkeit. Obendrein bleibt hängen, dass es um Körperverletzung ging, was – Freispruch hin oder her – weder seinem Gangsterimage noch den Plattenverkäufen schaden wird.

Aber bräuchte es nicht mal eine ordentliche Verurteilung für etwas Handfestes, um Bushido vor dem Sturz in die Harmlosigkeit zu schützen? Bislang stehen schließlich nur eine Handvoll Schuldsprüche wegen Beleidigung zu Buche, etwa gegenüber einem Mitarbeiter des Ordnungsamts, dem er an den Kopf schmiss, was wohl jeder schon mal gedacht hat – egal ob Gangster oder Rentner.

Andererseits: Al Capone, der italoamerikanische Mafiosi, war auch lange Zeit schadlos davongekommen, ohne dass ihm jemand mangels Verurteilung die Credibility als Gangsterboss abgesprochen hätte. Irgendwann landete der dann aber doch auf Alcatraz. Wie hat die Justiz das skrupellose Scarface anno 1931 noch gleich drangekriegt? Ach ja, wegen Steuervergehen. Gegen Bushido wird nach Justizangaben übrigens immer noch ermittelt – wegen des Verdachts einer Steuerstraftat. Alcatraz? Alta krass! TORSTEN LANDSBERG