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Archiv-Artikel

Steinmeier hält die Tür weiter offen

BERLIN taz ■ War die Absage von Steinmeiers Syrien-Besuch ein Zeichen von Stärke, weil der deutsche Außenminister der syrischen Führung damit klarmachte, dass die Annäherung des Westens an den „Schurkenstaat“ (US-Präsident Bush) seinen Preis hat? Oder war der abrupte Rückzug etwa Ausdruck von Blauäugigkeit des außenpolitischen Neulings? Musste Steinmeier nicht vor seinem gegen manche Widerstände in Israel und den USA geplanten Damaskus-Besuch klar sein, dass das syrische Regime kein Freund Israels werden wird? Hatte sein Annäherungsversuch nicht gerade zur Voraussetzung, dass Syrien trotz aller Verbohrtheit aus der Isolation zu befreien ist?

Steinmeier und seine Delegation verteidigten ihre ungewöhnliche Entscheidung auch am Tag danach. Natürlich sei der Minister über die Rede des syrischen Präsidenten Assad empört gewesen, heißt es in seinem Umfeld, aber er habe sich nicht von seinen Emotionen leiten lassen. Zwei Faktoren hätten für die Absage den Ausschlag gegeben: Zum einen der Zeitpunkt der Rede, gehalten einen Tage nach Beginn des Waffenstillstands im Libanon und vier Tage nach Verabschiedung der UN-Resolution 1701. Zum Zweiten der Inhalt der Rede, insbesondere der Aufruf Assads an die arabischen Herrschaftshäuser, den „siegreichen“ Kampf der Hisbollah im Libanon zu unterstützen und Israel vom Friedensprozess auszuschließen, weil es ein „Feind“ sei. Steinmeier hatte Assad ursprünglich eine Reihe von Fragen stellen wollen – diese hat der Präsident jetzt faktisch schon beantwortet.

Der Außenminister selbst hatte seinen Rückzug bereits am Dienstagabend in mehreren Fernsehinterviews gerechtfertigt. Man könne aus Syrien keinen Ton akzeptieren, „der im Grunde genommen die arabische Welt zum Widerstand auffordert“, argumentierte Steinmeier. Es gehe darum, „den fragilen Waffenstillstand weiter zu konsolidieren“. Dazu gehöre auch eine „verbale Abrüstung“. Er wundere sich sehr über die gelassene Kommentierung der Rede. Seiner Meinung nach wäre es falsch gewesen, „nach Damaskus zu fahren und so zu tun, als könnten wir solche Töne überhören“.

Ist damit der Annäherungsversuch des Westens gescheitert? Fürs Erste wohl ja. Steinmeier hält jedoch die Tür für weitere Gespräche offen. „Welchen Weg Syrien wählt, das kann nur in Damaskus selbst entschieden werden“, sagt er. Der Maßstab für die Hisbollah-Schutzmacht Syrien ist eindeutig: Mitwirkung an der Umsetzung der UN-Resolution. Darin wird unter anderem die Entwaffnung der Hisbollah gefordert.        JENS KÖNIG