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Archiv-Artikel

„BILD“ IN 3-D, GÜTERSLOHER JUBELPERSER, DEUTSCHLANDRADIO, SKY Spaghetti Carbonara für ein Lobhudelnudelholz

Hallo, taz-Medienredaktion, so was hast du noch nicht gesehen! Mich in 3-D. Berliner Zeitung und Bild erschienen in 3-D-Qualität – da darf ich natürlich nicht zurückstehen. Und lege noch einen drauf: Setzen Sie, liebe Leser, Ihre 3-D-Brille verkehrt herum auf, erscheine ich nicht nur dreidimensional, nein, sie können mir auch noch ins Hirn gucken! Aber bitte nicht erschrecken, das sieht immer so aus.

Inhaltlich, das muss ich zugeben, kann ich allerdings nicht mit der Bild mithalten. Denn das, was sie am Sonnabend hingelegt hat, unseren Kriegsminister in Kampffliegermontur samt passendem Fluggerät auf dem Titel zu zeigen und Adolf Hitler auf der Rückseite – bedeutungsvoller kann man die Deutschen nicht einstimmen auf die Notwendigkeit des totalen Einsatzes an allen Fronten.

Was war ein Goebbels für ein Dilettant mit seinen lahmen Reden – gegen diesen Chefredakteur, der die Macht der Technik (eine Pappbrille mit bunten Plastikfenstern) einsetzt, um dem Volk zu zeigen, wohin es meinungsmäßig zu marschieren hat. Hätte Goebbels sich dieser Errungenschaft bedienen können, wer weiß, wie bunt es noch geworden wäre. Dummerweise hat das Dritte Reich sechs, sieben Jahre zu früh schlappgemacht und konnte die Einführung der unglaublichen 3-D-Technik, die heute zur Rettung der Zeitungen reanimiert wird, Anfang der 50er Jahre nicht mehr erleben.

Ich bleibe egozentriert im Kapitel „hab ich nicht, will ich auch!“ und denke an Liz Mohn und ihre Liz-Mohn-Broschüre. Ein ganzes Heft voll mit ihren Äußerungen hat Bertelsmann für seine Chefin produzieren lassen. Da kann sie den ganzen Tag drin lesen. So eine will ich auch, also von mir. Man könnte meine schönsten Wörter darin abdrucken. „Und“ zum Beispiel oder auch „aber“, „vielleicht“ oder „unbedenklich“. Besonders neidisch bin ich auf die zehn Seiten Jubeltext aus der Bunten, die samt Fotos abgedruckt wurden. Vielleicht könnte Autor Paul Sahner auch bei mir vorbeikommen. Ich würde ihm Spaghetti Carbonara kochen. Irgendeine Gegenleistung muss es ja geben, wenn der sein Lobhudelnudelholz aus der Tasche zieht und mein Leben zu einem gleichmäßigen Leckerteig auswalzt. Da muss ich gar nicht wie Bertelsmann 175 Jahre alt werden, das mach ich schon jetzt.

Zum Wort „Leben“ gehört auch das Wort „Lebenslauf“. Etwas, das man einreichen muss, wenn man sich auf eine Stelle bewirbt, von der die Medienhäuser pro forma immer mal wieder behaupten, sie hätten welche zu besetzen. Auf so eine bewarb sich ein Kollege beim Deutschlandradio. Mit den aktuellen Gepflogenheiten, Bewerber wochenlang ohne irgendeine Nachricht zu lassen, wollten auch die Verantwortlichen dort nicht brechen. Allerdings erweiterten sie diese Sitte um eine ausgetüftelte Variante: Mit der Absage schickten sie dem Radiomann zusätzlich zu seinen Unterlagen auch die anderer Bewerber zu. Er konnte dann zusehen, wie die an ihre Urheber zurückkamen. Ich als Gebührenzahlerin kann es nur begrüßen, wenn die öffentlich-rechtlichen Angestellten sich mal den ein oder anderen Kniff einfallen lassen, wie Geld zu sparen ist.

Auch Sky würde gern Geld sparen, hat aber keines. Also muss neues her. Deshalb muss vielen Menschen das Karma versaut werden, in dem sie als Sky-Sheriffs zur Denunziation verführt werden. Sie sollen Menschen finden, die das langweilige Sky-Programm gucken, ohne dafür zu bezahlen. Fragt sich, was als Nächstes kommt. Eine zentrale Petzstelle für Leute, die in der U-Bahn die Zeitung ihres Sitznachbarn lesen? Mit einem Anti-Blockwart-Badge am Revers gebe ich zurück nach Berlin!

DIE KRIEGSREPORTERIN SILKE BURMESTER berichtet jeden Mittwoch von der MEDIENFRONT Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de