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Archiv-Artikel

Schöne Funde: die Literatur-Hotlist 2010

Von drk
Was bringt mehr für die kleineren Verlage: Expertenjurys oder Mobilisierung im Internet?

Der Hamburger Schriftstellerin Nino Haratischwili ist soeben ein hübsches Kunststück gelungen: Ihr Roman „Juja“ steht sowohl auf der hochoffiziellen Longlist des Deutschen Buchpreises (taz vom 19. 8.) als nun auch auf der leicht subkulturell angefärbten sogenannten Hotlist für den Preis der unabhängigen Verlage – wobei „unabhängige Verlage“ eine nette Umschreibung für „Kleinverlage“ ist.

Auch wenn es hoch unwahrscheinlich ist: Irgendwie ist es lustig, sich vorzustellen, was wäre, wenn Nino Haratischwili im Herbst beide Preise bekommen würde. Ein schönes Signal für die Integrationsfähigkeit unseres Literaturbetriebs wäre das. Geburtsort, Publikationsort, Großverlag, Kleinverlag – alles egal, nur auf das Buch kommt es an! Andererseits hätte die Hotlist dann ihr kulturelles Kapital, als eine Art schlechtes Gewissen der großen PR-Maschine Deutscher Buchpreis zu fungieren, erst einmal eingebüßt.

Wegen ihres leicht seltsamen Auswahlverfahrens ist die Hotlist auch sonst interessant. Acht der 15 Hotlist-Romane wurden durch eine Expertenjury ermittelt, die anderen sieben Titel durch eine freie Wahl im Internet. Unter den Jury-Titeln stehen eher die schönen Funde, Liebhaberbücher und kleinen Kostbarkeiten, denen man allerdings nicht das ganz große Publikum zutraut (und die das teilweise auch gar nicht anstreben): Titel von Jean-Pierre Abraham („Der Leuchtturm“, Weidle Verlag), Michel Matveev („Die Gehetzten“, Weidle Verlag) und Ulrike Almut Sandig („Flamingos“, Schöffling & Co.) etwa. Bei den im Internet ermittelten Publikumsbüchern findet man dagegen eher Namen, Titel und Verlage, die aus den Feuilletonrastern sonst tatsächlich herausfallen: Markus Grimm etwa („Fleckies Reise“, Verlag Lokomotion) oder Dietlinde Hachmann („Mein Wunscherbe“, Acabus Verlag) oder auch Axel Westerwelle („Lost in history“, Hamburger Verlag). Ganz nebenbei kann man also gucken, was für Kleinverlage weiter trägt: auf geneigte Experten zu setzen oder im Internet mit Mailinglisten und Facebook-Vernetzungen zu mobilisieren. Im Zweifel wird man wohl auf eine gute Kombination beider Maßnahmen setzen. Nino Haratischwili kam dabei übrigens über die Internet-Wahl auf die Liste.

Am 8. Oktober wird auf der Buchmesse der Preisträger bekanntgegeben. drk

■ Die ganze Liste unter www.hotlist2010.de