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Archiv-Artikel

Wowereit für Umsonst

Der Umsonstladen steht vor dem Aus: Der neue Eigentümer des Hauses will den antikapitalistischen Kieztreffpunkt räumen lassen. Doch sogar der Regierende Bürgermeister unterstützt das Projekt

VON ELISABETH RANK

Der Umsonstladen in der Brunnenstraße 183 steht kurz vor der Räumung. Offenbar möchte der neue Eigentümer das gesamte Haus seniorengerecht sanieren und ausbauen lassen. Doch damit legt er sich sogar mit dem Regierenden Bürgermeister an: Klaus Wowereit (SPD) unterschrieb am Mittwochabend für den Erhalt des Kiez-Treffpunkts.

Schon mehrfach mussten die Betreiber des Ladens und die 25 Bewohner des angeschlossenen Hausprojekts um ihre Zukunft bangen. Im Januar hatte der Passauer Arzt Manfred Kronawitter das 1990 besetzte Haus gekauft. In dieser Woche hat sich die Lage drastisch zugespitzt. Erst räumte ein Sohn des Hauseigentümers eigenmächtig die Dachböden aus, berichten Bewohner. Als sie dagegen protestiert hätten, bekamen sie eine Anzeige wegen Nötigung. Eine Nötigung hat nach Angabe einer anwesenden Rechtsanwältin nicht stattgefunden. Einen Tag später baute Kronawitter unter Polizeischutz die Schlösser aus – nun stehen Haus und Laden offen, sagt Jens Herrmann, einer der Bewohner.

Gestern nahmen von dem Eigentümer beauftragte Architekten Vermessungen in Treppenhaus und Hof vor. Herrmann vermutet, dass diese Arbeiten ein Vorgeschmack auf die drohende Sanierung sind. Nach seinen Angaben will Kronawitter seine Praxis in den Räumen des Umsonstladens einrichten. Da für den Laden kein schriftlicher Mietvertrag existiert, droht nun das schnelle Aus.

Eine Verständigung zwischen Eigentümer und Mietern des Hauses findet nach Angaben der Mieter seit März kaum noch statt. Zu Verhandlungen zwecks Umschreibung der Mietverträge sei Kronawitter ebenfalls nicht bereit. „Wir wollen eine Lösung finden“, sagt Herrmann. „Wir würden das Haus sogar kaufen.“ Aber nicht einmal eine Kontonummer, um die Miete zu überweisen, läge vor. Auch mit der taz wollte Kronawitter trotz Anfrage nicht sprechen. Und seine Rechtsanwälte ließen mitteilen: „Wir sind nicht befugt, Ihnen Auskünfte zu erteilen.“ Immerhin: Ein von Kronawitter gestellter Räumungsantrag wurde von der Polizei abgelehnt.

Jetzt bekommt der Laden Unterstützung durch die Politik. Bei seinem Kiez-Spaziergang am Mittwochabend besuchte ihn Klaus Wowereit: „Meine ideelle Unterstützung habt ihr“, erklärte er. Auch der SPD-Direktkandidat in Mitte, Markus Pauzenberger, bekundete seine Solidarität. Die Grünen kündigten an, das Thema „Hausprojekt Brunnenstraße 183“ in die Bezirksverordnetenversammlung einzubringen.

„Das Haus ist eines der allerletzten traditionell besetzten Häuser Berlins“, betont der Rechtsanwalt der Bewohner, Moritz Heusinger. Seit Jahren biete es Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten eine Lebensgrundlage. Er erwartet, dass der Eigentümer versuchen wird, das Mietverhältnis weiter zu stören, indem er etwa die Wasserversorgung unterbrechen lässt. „Im schlimmsten Fall erhebt er eine Räumungsklage vor Gericht“, so Heusinger.