LESERINNENBRIEFE
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Wirksame Symbolpolitik

■ betr.: „Der Clip ist im Kasten: Zwei Mitglieder der Pussy Riots sind nun so weltberühmt wie Madonna und Yoko Ono“, taz vom 21. 2. 14

Der Artikel von „IPP“ übernimmt leider wesentlich Positionen der Putin-hörigen männlichen Kommentatorenschaft im Netz. Die Aktivistinnen werden als vom Westen korrumpierte Celebritys auf Schlampen-Niveau dargestellt, vielleicht darf’s auch noch eine Andeutung in Richtung Prostitution sein? Ich liebe es über alle Maßen, wenn in Deutschland lebende Autoren von ihrem Sessel aus hämische Kritik an Aktivistinnen üben, die anderswo ihre Freiheit und Unversehrtheit gegen autoritäre Regimes riskieren. Als Kronzeugen werden dann einfach unbekanntere Aktivistinnen herangezogen (Stichwort „Ausverkauf“). Als ob es etwas Verwerfliches wäre, die Unterstützung von Pop-Künstlerinnen wie Yoko Ono oder Madonna zu nutzen. Natürlich geht es hier zunächst um Symbolpolitik, aber die scheint momentan ganz wirksam zu sein, sonst würden die russischen Staatsdiener nicht so heftig reagieren. Den einzig „richtigen“ Weg des Widerstands gibt es in so einem Machtgefüge nicht, da dürfen ruhig verschiedenste Formen unterstützt werden. KARSTEN SCHWULST, Dresden

Relativ harmlose Glaskokillen

■ betr.: „Und da waren es nur noch sieben: Wohin mit den 21 Castoren, die ab 2017 nach Deutschland zurückkommen?“, taz v. 19. 2. 14

Bekanntlich verfügt das AKW Brokdorf über keinen Gleisanschluss. Trotzdem wird Brokdorf in dem internen Papier des BMU als möglicher Standort genannt, wo der bei der Wiederaufarbeitung angefallene Atommüll zwischengelagert werden soll.

Minister Habeck hatte seinen Alleingang, das Zwischenlager Brunsbüttel als Abstellraum für die Behälter aus Sellafield zur Verfügung zu stellen, unter anderem mit der Eilbedürftigkeit begründet. Es war davon ausgegangen, die HAW-Kokillen müssten bereits 2015 zurückgenommen werden, und nicht erst – wie es jetzt heißt – ab dem Jahr 2017. Danach ist eine Voraussetzung für die Bereitschaft, diesen Müll nach Schleswig-Holstein zu holen, weggefallen. Die Politik muss ihre (ohne die Bevölkerung getroffenen) Entscheidung neu überdenken. Das von Habeck ebenfalls genannte Junktim mit der Verabschiedung des Endlagersuchgesetzes ist ja schon lange weggefallen, falls es überhaupt jemals vorhanden war.

Während die Medien über die relativ harmlosen Glaskokillen aus Sellafield und die verrosteten Atommüllfässer in Brunsbüttel recht ausführlich berichten, wird kaum kommuniziert, dass neun Leistungsreaktoren in Deutschland stündlich gut 10 Kilogramm höchstradioaktiven Müll produzieren, ganz abgesehen von einem jederzeit möglichen Kernschmelzunfall. Diese Gewichtung verstehe ich nicht. KARSTEN HINRICHSEN, Brokdorf

Seifiger Charme und Geplapper

■ betr.: „Ist das etwa nicht lustig?“, taz vom 21. 2. 14

Es ist wohltuend, dass die taz auch die Qualität der ZDF-ARD-Olympia-Berichterstattung unter die Lupe nimmt. Der seifige Charme und das inhaltslose, muntere Geplapper der Frau Müller-Hohenstein, das alberne, selbstverliebte Gegirre von Frau Witt, die bei der ARD als Eiskunstlaufexpertin posieren darf, ohne wirklich erhellend Neues beitragen zu können. Das passt doch gut zur generellen Infantilisierungsstrategie, mit der die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender den privaten seit Langem nacheifern. PETER MICHEL, Ravensburg

Nachdenklichkeit statt Empörung

■ betr.: „Die Affäre Edathy“, taz vom 19. 2. 14

Im Fall von Herrn Sebastian Edathy bin ich irgendwie vom Lager der Empörten zu den Nachdenklichen übergewechselt. Ich habe eifrig gegoogelt, um mich zu informieren. Dabei erfuhr ich, dass schätzungsweise 1 Prozent der männlichen Bevölkerung pädophil veranlagt ist. Viele Männer mit dieser Neigung seien sich der ethischen und moralischen Problematik ihrer sexuellen Wünsche bewusst. Sie leiden darunter. Sie lehnen auch sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen ab und weichen meist auf das virtuelle Internet aus, dabei außer Acht lassend, was in den posierenden Kindern vor sich geht. Diese Männer gehören zu einer Randgruppe, die von der Gesellschaft geächtet wird. Deshalb versuchen sie, diese, ihre pädophile Neigung vor der Öffentlichkeit zu verbergen – auch vor der Familie und dem Freundeskreis.

Nun fand ich heraus, dass sich die Charité Berlin diesem Problem schon seit einiger Zeit zugewandt hat. Unter dem Titel: „Kein Täter werden“ unterstützt die Charité unter strikter Schweigepflicht Selbsthilfegruppen, denn leider ist diese sexuelle Orientierung nicht heilbar, sondern nur therapierbar! Inzwischen haben sich in verschiedenen deutschen Städten mit Unterstützung der Charité Selbsthilfegruppen etabliert, wo Verhaltenskontrolle erlernt werden kann. Der Berliner Sexualmediziners Klaus M. Beier hat die wichtige Aussage gemacht, dass eine dauerhafte Verhaltenskontrolle erreichbar ist! Natürlich müssen wir unsere Kinder schützen! Es ist bekannt, wie viele Kinder durch Missbrauch entsetzliches Leid erfahren, das sie oft ihr ganzes Leben begleitet! Aber auch für Menschen mit dieser Orientierung gilt der Satz: Die Würde des Menschen ist unantastbar! Lasst uns die Politik dazu bringen, diese Menschen nicht auszustoßen, sondern Forschung zu unterstützen, um noch vielfältigere Therapieangebote zu schaffen, Vielleicht könnte das eine tolle Aufgabe für Herrn Edathy sein, der doch hohe Professionalität bewiesen hat. Es muss ihnen geholfen werden! Und das sehe ich als besten Kinderschutz an! KARIN H. JANSSEN, Emden