: „Kein Interesse an behinderten Patienten“
Der Gang zum Arzt wird für behinderte Menschen zur Odyssee. Ein Betroffener schildert seine Probleme
taz: Herr Knuffmann, wie sind Ihre Erfahrungen als Rollstuhlfahrer beim Arztbesuch?
Michael Knuffmann: Es gibt leider wenig Ärzte, die so ausgelegt sind, dass man als behinderter Mensch ohne Schwierigkeiten in die Praxis kommt. Deshalb muss ich mich vorher informieren, wenn ich zum Facharzt muss. Ich frage dann immer telefonisch nach, ob es Stufen am Haupteingang, einen Fahrstuhl oder Behindertentoiletten gibt. Viele Praxen sind ohne behindertengerechte Toiletten ausgestattet. Leider gibt es immer wieder Ärzte, die einfach kein Interesse haben, sich mit behinderten Patienten auseinander zu setzen.
Woran kann das liegen?
Das kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen die Unwissenheit der Ärzteschaft über die Bedürfnisse behinderter Menschen. Oder sie orientieren sich an anderen Patientengruppen. Das ist ein großer Nachteil für Behinderte, wenn sie gesundheitliche Probleme haben.
Würden Sie vor diesem Hintergrund von einer freien Arztwahl für Behinderte sprechen?
Im Normalfall, ja. Die Arztwahl steht grundsätzlich jedem Patienten frei. Aber bei den baulichen und zwischenmenschlichen Problemen gibt es für Behinderte doch mehr Schwierigkeiten als für nicht behinderte Leute.
Fühlen Sie sich dadurch diskriminiert?
Ja, schon. Aus dem einfachen Grund, weil die Randgruppe behinderter Menschen in der Regel schon immer ausgegrenzt wurde. Das liegt auch daran, dass wir Behinderten einen hohen Kostenfaktor für die Gesellschaft darstellen – vor allem Menschen, die in betreuenden Einrichtungen leben.
Hat sich in Punkto Zugänglichkeit von Arztpraxen in Ihren Augen etwas verbessert?
Es gibt mittlerweile mehr Arztpraxen, in denen sich die Ärzte auf Gruppen wie die Behinderten eingestellt haben. Es gibt auch hie und da Ärzte, die ein Bewusstsein für das Problem entwickeln und besser mit behinderten Menschen arbeiten können und Verständnis zeigen. Aber auf den Großteil der Ärzte trifft das noch nicht zu.
Tritt diese Form der Diskriminierung auch in anderen Lebensbereichen auf?
Die gibt es auch anderweitig. Ein Beispiel ist da der Lebensmitteleinkauf. Da werden die Gänge im Supermarkt so zu gebaut, dass man mit dem Rollstuhl nicht durchkommt. Zudem sind die Verkäufer oftmals nicht dazu bereit, einem Behinderten einen Artikel aus dem Regal runterholen. Eine Verkäuferin eines Marktes hat sich einmal sogar geweigert, mir zu helfen mein Portemonnaie aus der Tasche zu holen. Natürlich kommt es auch darauf an, wie behinderte Menschen sich gegenüber der Gesellschaft verhalten. Ein positives Auftreten von unserer Seite erleichtert den Umgang sehr. Damit habe ich persönlich gute Erfahrungen gemacht. INTERVIEW: MATTHIAS HENDORF