: „Ein kleiner Tier-Tsunami“
KLIMAWANDEL Nabu-Experte verrät, worauf sich die Hamburger in Zukunft einstellen müssen
■ 49, Referent für Naturschutz und Gebietsbetreuung beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
taz: Herr Gerbich, gibt es in Zukunft noch mehr Schmuddelwetter?
Christian Gerbich: Uns erwarten in Hamburg grundsätzliche Veränderungen was Temperatur und Niederschläge betrifft. Es regnet nicht unbedingt öfter, dafür aber umso doller. Abgesehen davon wird es wärmer – eine Nachricht die die Hamburger erfreuen dürfte.
Wie stark soll es denn regnen?
Es wird erheblich stärkere und blitzartige Regenfälle geben, die einem Gewitter gleich kommen. Dabei steigen alle Gewässer rasend schnell an. Weil das Wasser nicht richtig abfließen kann, laufen die Gullis schnell über.
Wir brauchen also ab jetzt Gummistiefel?
Einige Wanderwege an der Bille oder Alster könnten nicht mehr betretbar sein. Und in ufernahen Gebieten besteht die Gefahr, dass die Keller nass werden.
Was bedeutet das für die ortsansässigen Lebewesen?
Für die Tiere kommt es einem kleinen Tsunami gleich. Ihre Lebensräume werden vom Wasser quasi weggerissen.
Was bedeutet das für die Elbe?
Durch den Temperaturanstieg dehnt sich das Wasser aus. Dadurch steigt der Meeresspiegel. Die Deiche müssen daran angepasst werden.
Sind die steigenden Temperaturen nicht mindestens für die Landwirtschaft nützlich?
Natürlich. Die Bauern im alten Land profitieren schon jetzt von dem wärmeren Temperaturen.
Inwiefern?
Dort wachsen inzwischen auch Apfel- und Obstsorten, die vor 20 Jahren nicht die Chance hatten, dort durch den Winter zu kommen. Nun können die Bauern auch weniger Kälte empfindliche Sorten anbauen.
Wie geht der Naturschutzbund mit den Folgen des Klimawandels um?
Für uns stellt sich die Frage, welche Tiere wir noch hindern können, abzuwandern. Für viele Arten kommen Schutzmaßnahmen allerdings zu spät. Es gehen viele, an die norddeutschen Verhältnisse angepassten Arten verloren. Betroffen sind vor allem Insekten und Vögel. Mit den steigenden Temperaturen kommen aber auch Arten.
Wie zum Beispiel die Malaria-Mücke?
Es gibt ein laufendes Projekt, das die Gefahren verschiedenster Mückenarten und Erreger, die sie übertragen können, erforscht. Klar ist, dass sie durch die ansteigenden Temperaturen die Chance kriegen, hier zu überwintern. INTERVIEW: AMV
„Eisbär oder Vogel Strauß?“, Vortrag von Wiebke Schönberg: 19 Uhr, Nabu,Klaus-Groth-Straße 21