piwik no script img

Archiv-Artikel

Neu im Kino

„Human interest stories“ sind das Junkfood des Journalismus. Geschichten wie die von Philomena, die als junge Frau in Irland vor 50 Jahren unter Zwang ihren unehelich geborenen Sohn zur Adoption freigab. Nun will sie ihn suchen, unterstützt von dem Journalisten Martin Sixsmith, der eigentlich keine Lust auf eine solche Herzschmerz-Story hat, aber notgedrungen mitmacht: ein gekränkter Karrierist, der statt der titelgebenden Figur und ihrem tragischen Schicksal der Protagonist ist. Sein Widerstreben gegen den inhärenten Kitsch von Philomenas Geschichte dient nicht zuletzt dem Zuschauer als Absicherung: Es geht hier nicht primär um Rührung und die Generierung von „human interest“. Journalist Sixsmith ist eingebildet und ambitioniert, seine größte Gabe ist sein trockener Zynismus. Ohne ihn wäre Judi Denchs Philomena in ihrer Rechtschaffenheit nur schwer zu ertragen, zusammen sind sie ein leidlich witziges „odd couple“. Am Ende überrascht der durchkalkulierte Film, indem er keinen der Protagonisten ins Unrecht setzt: Martins bittere Empörung und Philomenas milde Akzeptanz erweisen sich als gleichermaßen angemessen. In 16 Kinos