Indonesien entdeckt die Erdwärme

Das viertgrößte Land der Welt will verstärkt Energien aus Geothermie nutzen. Ein AKW soll aber auch gebaut werden

BANGKOK taz ■ Indonesien will sich unabhängiger von fossilen Brennstoffen machen. Um seinen wachsenden Energiebedarf künftig decken zu können, hat die Regierung entschieden, jetzt ein Geothermie-Kraftwerk zu bauen – und zwar das weltweit größte. Auf Nordsumatra soll die Anlage gebaut werden – mit einer Leistung von rund 340 Mega-Watt. Zum Vergleich: Das durch den Atomkonsens zur Disposition stehende AKW Biblis B hat eine Nettoleistung von 240 Megawatt.

Nachdem Indonesiens Energieminister Purnomo Yusgiantoro letztes Jahr den Bau bereits auf dem Geothermischen Weltkongress im türkischen Antalya angekündigt hatte, rollen jetzt die Bagger. Umgerechnet 470 Millionen Euro wird ein Firmenkonsortium umsetzen, in dem Indonesiens größtes privates Erdölunternehmen PT Medco Energi Internasional mit dem japanischen Handelshaus Itochu und die US-Firma Ormat Technologies Inc. kooperiert. Der durch das Kraftwerk erzeugte Strom soll in das Netz von Nordsumatra und der vom einstigen Bürgerkrieg und dem verheerenden Tsunami Ende Dezember 2004 schwer verwüsteten Provinz Aceh eingespeist werden. Die komplette Anlage soll bis 2009 fertiggestellt sein.

Erdwärme gilt neben dem Wasserstoff als eine der wichtigsten Alternativen in der Energieversorgung, da sie nahezu unerschöpflich ist. Zwar verursachen Geothermie-Anlagen keine Umweltschäden, wie sie durch das Verbrennen fossiler Energien entstehen. Doch Folgen für die Natur sind trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisen: Zum Beispiel, wenn der in den geothermischen Kraftwerken zu Wasser kondensierte Dampf nicht gereinigt und anschließend in Flüsse geleitet wird.

Auf die zunehmende Nutzung von Erdwärme setzt in Südostasien nicht nur Indonesien: Auch die Philippinen treiben den Ausbau neuer Geothermie-Kraftwerke voran. In den kommenden vier Jahren sollen dort bis zu 700 Megawatt in Betrieb genommen werden, erklärte beispielsweise der Bund der Energieverbraucher auf seiner Internetseite.

Ganz ohne herkömmliche Energien geht es offenbar nicht: Fast zeitgleich zum Bau des neuen Geothermie-Kraftwerks plant Indonesien, ein Atomkraftwerk auf Zentraljava zu errichten. Bis zum Jahr 2011 will das Land seinen ersten Reaktor mit einer Leistung von 1.200 Megawatt in Betrieb nehmen, vermeldete die indonesische Nachrichtenagentur Antara.

Die Atomkraft trage dazu bei, das Inselreich mit seinen rund 230 Millionen Einwohnern unabhängiger von Öl und Gas zu machen, hieß es.

Aufgrund der ständigen Erdbebengefahr und potenziellen Vulkanausbrüche sehen Kritiker in dem Bau eines AKW jedoch besondere Gefahren. Erst Ende Mai starben nach einem schweren Erdbeben auf Java fast 6.000 Menschen. NICOLA GLASS