CHRISTIAN RATH ZUR GEPLANTEN KLAGE DER STADTWERKE GEGEN DIE ATOMWENDE : Das gebrochene Wort
Die Stadtwerke sind der wohl wichtigste ökonomische Bündnispartner der Anti-AKW-Bewegung im Kampf gegen die längeren AKW-Laufzeiten. Die Atom-Renaissance entwertet die Investitionen der kleinen Energieversorger in erneuerbare Energien und neue Gas- und Kohlekraftwerke. Auch ihre künftigen Marktaussichten werden verdüstert, wenn die vier großen Atomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall durch die Laufzeitverlängerung zig Milliarden Extraprofite erhalten.
Gut, dass die Stadtwerke jetzt drohen, ihre Interessen auch vor Gericht geltend zu machen. In Deutschland, das schon immer mehr Rechtsstaat als Demokratie gewesen ist, schafft es die Androhung einer Klage oft besser, ein Thema auf die politische Tagesordnung zu setzen, als jeder Parlamentsantrag und jede Demonstration.
Dass sich die Stadtwerke nun auf Vertrauensschutz berufen, ist nicht abwegig. Schließlich haben sie sich nicht nur auf ein Gesetz verlassen, mit dessen Änderung in der Demokratie immer zu rechnen ist. Vielmehr haben die Atomkonzerne der Beschränkung der Restlaufzeiten ausdrücklich zugestimmt, um strengere Vorgaben von Rot-Grün zu verhindern. „Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird“, heißt es im Atomkonsens von 2000. Vielleicht war es naiv, auf solche Zusagen der Atomwirtschaft zu vertrauen. Aber auch das könnte im Rahmen eines Rechtsstreits um den Vertrauensschutz thematisiert werden.
Der Protest der Stadtwerke macht jedenfalls deutlich, dass es bei der Debatte um die Atomlaufzeiten nicht nur um den klassischen Gegensatz von Umweltschutz und Ökonomie geht, vielmehr gibt es auch in der Energiewirtschaft ganz unterschiedliche Interessen. Schwarz-Gelb stützt dabei nur die Großen, die Saurier. Die neue Energiewirtschaft, die für mehr Wettbewerb und neue zukunftsfähige dezentrale Strukturen steht, wird von der Regierung massiv behindert.
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