: Deutschland könnte Maastricht meistern
Staatsdefizit sinkt im ersten Halbjahr 2006 wegen steigender Steuereinnahmen von 3,7 auf 2,5 Prozent
WIESBADEN/BERLIN dpa/rtr ■ Deutschland hat gute Chancen, 2006 erstmals seit fünf Jahren wieder die Defizitgrenze des europäischen Stabilitätspaktes einzuhalten. Im ersten Halbjahr lag die Staatsdefizitquote mit 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich unter den maximal zulässigen 3,0 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt gestern in Wiesbaden mit, warnte aber gleichzeitig davor, das erfreuliche Ergebnis der ersten sechs Monate auf zwölf Monate hochzurechnen. Seit 2002 hat Deutschland die 3-Prozent-Hürde vier Jahre in Folge gerissen.
Die führenden Wirtschaftsinstitute und die Bundesbank erwarten dennoch, dass Deutschland die Einhaltung des Stabilitätspakts bereits in diesem Jahr gelingt. Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) geht davon aus, dass dies „wahrscheinlich“ eintreffen werde. „Ich freue mich über das Maastricht-Ergebnis“ sagte er gestern. Die offizielle Linie gegenüber Brüssel lautet aber nach wie vor, dass Deutschland erst im kommenden Jahr die Reihen der „Defizitsünder“ verlassen wird. Experten halten diese Zurückhaltung für angemessen. „Die sehr günstige Entwicklung 2006 ist überwiegend konjunkturell und nicht strukturell getrieben“, erläuterte Deutsche-Bank-Volkswirt Stefan Bielmeier.
Verantwortlich für die gesunkene Defizitquote sind vor allem die höheren Steuereinnahmen des Staates. Die Einkünfte aus Einkommen- und Gewerbesteuer sprudelten kräftig, aber auch aus der Mehrwertsteuer, die 2007 um 3 Prozentpunkte erhöht werden soll. Der gestiegene Gewinn der Bundesbank steuerte ebenfalls seinen Teil bei, während sich die Sozialbeiträge leicht rückläufig entwickelten.
In die Kasse flossen insgesamt 3,2 Prozent mehr Einnahmen als im ersten Halbjahr 2005, während die Ausgaben um 0,6 Prozent stiegen. Der Saldo lag mit 28,2 Milliarden Euro mehr Ausgaben als Einnahmen um etwa 12 Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert. Bei den Ausgabeposten gab es nur wenige Zuwächse, darunter bei den Sach- und Sozialleistungen. Im ersten Halbjahr 2005 hatte das Finanzierungsdefizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen noch 3,7 Prozent betragen, im Gesamtjahr 3,3 Prozent.