: „Eine Geste des Nachdruckverleihens“
GERICHT Im Prozess um die Kündigung des Fußballtrainers Falko Götz zeichnet sich ein Vergleich ab
„Die Beklagte muss sich bewegen“, sagte Silke Otten-Ewer, Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Kiel. Die Beklagte ist in diesem Fall der Fußballverein Holstein Kiel, Kläger ist der Fußballtrainer Falko Götz, und es geht um eine fristlose Kündigung. Götz hatte Ende 2008 als Trainer beim Regionalligisten Kiel begonnen. Er hatte einen Vertrag bis 2013, Ziel war der Profifußball. In Liga vier betrug sein Gehalt 35.000 Euro im Monat. Als Götz mit Kiel in die Dritte Liga aufgestiegen war, bekam er 40.000 Euro plus Aufstiegsprämie. Er hätte in der Zweiten Liga noch mehr verdient, dazu kam es nicht, weil er am 16. September 2009 beurlaubt wurde. Bei einer Mannschaftssitzung sollen sich 24 Spieler gegen ihn ausgesprochen haben.
Fristlose Kündigung
Die Beurlaubung, die eine Abfindung von etwa zwei Millionen Euro nach sich gezogen hätte, wurde zu einer fristlosen Kündigung ohne Abfindung, als am 15. September 2009 um 22.30 Uhr Kiels Mannschaftskapitän Sven Boy bei Aufsichtsrat Gerhard Lütje anrief. Zufällig war Lütjes Lebensgefährtin, die Anwältin Gabi Kremmer, anwesend. Lütje schaltete das Telefon laut. Boy erzählte, Götz habe am 8. August, nach der Niederlage bei Eintracht Braunschweig, den Spieler Marco Stier geschlagen.
Lütje ist ein wichtiger Mann. Die Möglichkeit, den ehemaligen Bundesligatrainer Götz nach Kiel zu holen, verdankt Holstein einerseits dem Engagement von Hermann Langness und dessen Supermarktkette „Famila“, andererseits Lütjes „Citti“- Unternehmensgruppe. Langness und Lütje sind Holstein-Aufsichtsräte. Stier, so Richterin Otten-Ewer, „hatte keine Verletzung, er war nicht krank, nicht beim Arzt, er trainierte am nächsten Tag und beschwerte sich nicht“. Sie gab zu erkennen, dass ein Schlagen mit dem Handballen gegen die Stirn nicht „wie eine Ohrfeige gewertet werden muss“, sondern auch „als Geste des Nachdruckverleihens“, vor allem wenn sie wie in Götz’ Fall von der Frage „Geht das nicht in deinen Kopf rein?“, begleitet werde.
Die Richterin hatte vor dem Gerichtstermin mit beiden Seiten telefoniert und um Verhandlungen gebeten. Die haben jedoch nicht stattgefunden.
Formulierungshilfen
Gabi Kremmer, Anwältin von Holstein Kiel, die den acht in der ersten Instanz als Zeugen geladenen Fußballern Formulierungshilfen erteilt hatte, schlug in der ersten Instanz 50.000 Euro vor, nicht viel angesichts von Götz’ Vertrag. Die sichtlich geknickten Vertreter von Holstein Kiel sowie Götz und sein Anwalt Peter Rölz zogen sich für eine Stunde und 45 Minuten in Saal 15 zurück. Danach war klar: Es wird zu einem für Götz akzeptablen Vergleich kommen. ROGER REPPLINGER