: Rebellion des Regionalismus
Eine Werkschau im Speicher XI präsentiert die Bauten des Bremer Architekten Horst Rosengart. Was Rosengart umtrieb, erfährt man dort kaum
Irgendwie versteht sich der Mann wohl als Rebell. Seine wichtigste Aufgabe, so schrieb er einmal, sei es zu verhindern, „dass die Architektur weiterhin der Inkompetenz ausgeliefert bleibt.“ In Bremen ist ihm für diesen Kreuzzug viel Raum überlassen worden.
Horst Rosengart, Architekturgrande und Hochschul-Professor für Bauökologie, dürfte das Bremer Stadtbild in den letzten Jahrzehnten geprägt haben wie sonst nur wenige. Der Fallturm, die Lloydpassage, Teerhof, Sielhof oder Gröpelinger Bibliothek – die Liste der Rosengart-Bauten an der Weser ist lang. Zu seinem 70. Geburtstag widmet ihm das „Bremer Zentrum für Baukultur“ im Speicher XI nun eine Werkschau mit Bildern und Modellen ausgewählter Projekte.
Etwas unmotiviert daher kommen die wohl zur Auflockerung eingeflochtenen afrikanischen Skulpturen aus Rosengarts privater Sammlung. Unter den Exponaten befindet sich aber auch der Entwurf einer geplanten Aussichtsplattform für den Bremer Fallturm ZARM, ein gläserner Außenfahrstuhl, der den Turm umgibt und an der Fassade auf- und abgleitet. Überraschend: Bilder eines Luxushotels nahe der togoischen Hauptstadt Lomé, das Rosengart während eines mehrjährigen Afrika-Aufenthalts in den sechziger Jahren entwarf. Das von Rosengart stets propagierte Regionalismus-Dogma, ein Bauwerk müsse „in angemessener Beziehung zu seiner Umgebung stehen“, dürfte hier ästhetisch mit einer gelungenen Neuinterpretation regionaler Stilelemente erfüllt sein. Inwieweit dies auch für die soziale Integration des Bauwerks in der bitterarmen Region gilt, ist zweifelhaft.
Die Kampfansage an die architektonische „Inkompetenz“, die Rosengart in seiner Eigenschaft als langjähriger Bremer Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten (BdA) formulierte, wirkt in den Ausstellungsmaterialien etwas konturlos. In einer Raum greifenden Laudatio wird die Hingabe Rosengarts an „das Gestalten“ gefeiert – ohne das ein substanzielles Anliegen präzisiert würde. Lediglich in einem Interview mit Rosengart selber gewinnt dessen Architekturkonzept an Profil. Dort plädiert er für die Verteidigung der regionalen Unverwechselbarkeit gegen eine „tendenziell gleichförmiger werdende Welt“, die sich vor allem in aktueller chinesischer Architektur manifestiere. In den „spätmodernen Neubaustadtteil“ Kattenturm, wo es „keinen einzigen Mauerziegel“ gegeben habe, baute Rosengart eine Kirche mit „defensivem, ländlichen Charakter“. Gedacht war dies, so sagt er, als Gegenpol zur „auch von den Bewohnern empfundenen Brutalität der Bebauung“ des Stadtteils.
Christian Jakob
Werkschau: Im Roten Salon, gegenüber Speicher XI. Eröffnung So. 11.30 Uhr. Täglich, bis 3. 11.