Der Wochenendkrimi
: Trieb und Täter

„Tatort: Der Lippenstiftmörder“, So., 20.15 Uhr, ARD

Sag hallo zu deinem Monster: In dieser Tatort-Episode samt pfälzischer „Schweigen der Lämmer“-Einlage sieht sich Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) mit einem inhaftierten Psychopathen konfrontiert. Denn bei Ludwigshafen wurde ein Mädchen ermordet und danach mit perfekt nachgezogenem Lippenstift auf dem toten Mund auf einer Bank drappiert. Ein klarer Verweis auf den in der örtlichen forensischen Klinik einsitzenden Serienmörder Holly Eising (Ole Puppe), der einst seine Opfer nach der Tat so herrichtete.

Wie ehedem Clarice Starling muss nun auch Odenthal mit dem arroganten Triebtäter auf Tuchfühlung gehen. Leider kann dieser Begegnung in „Der Lippenstiftmörder“ (Regie: Andreas Senn, Buch: Christoph Darmstädt) nicht viel Platz eingeräumt werden, da noch vier bis fünf andere Charaktere ins Krimirätsel gebracht werden müssen, die in einer bemühten dramaturgischen Balance den Verdacht auf sich ziehen.

Im Kino kann man zurzeit in dem Vergewaltigerdrama „Der freie Wille“ an die drei Stunden mit einem Psychopathen durch sein einsames Dasein streifen, ohne dass man am Ende eine Antwort erhält, was man mit so einem anfangen soll. Keine Antwort, das kann sich der öffentlich-rechtliche Krimi nicht leisten – er muss dem Zuschauer in der hitzigen Debatte die richtige Option zwischen „Bestrafen“ und „Heilen“ suggerieren. Immerhin, hier wird dann am Ende doch noch recht wirkungsvoll für einen humanen und therapieorientierten Strafvollzug plädiert. Manchmal dringt der Fortschritt bis in die pfälzische Provinz. CHRISTIAN BUSS