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Archiv-Artikel

Wege ins Grüne

BIOQUALITÄT Die Zahl der doppelt gesiegelten Produkte hat deutlich zugenommen. Fairtrade ist ein Sprungbrett zu Ökoqualität

Die Umstellung auf Bio ist besonders für Kleinbauern eine finanzielle Durststrecke

VON HÜLYA ROITZSCH

Fair geht vor im deutschen Einzelhandel. Immer mehr Verbraucher greifen am Supermarktregal zu Waren, auf denen das Fairtrade-Siegel prangt. Immer öfter trifft Fair dabei auch auf Bio. „Die Zahl der doppelt gesiegelten Produkte hat mit den Jahren deutlich zugenommen“, freut sich Antje Edler, Projektkoordinatorin beim Forum Fairer Handel. Für die Verbraucher ist das recht einfach zu erkennen: Sie finden neben dem Fairtrade-Logo auch die sechseckige, grün umrandete Bioplakette – die nun vom EU-Label mit Sternen in Form eines grünen Blatts begleitet oder gleich ganz abgelöst wird.

Anerkannte Fair-Handels-Importeure legen großen Wert auf die Begleitung ihrer Handelspartner bei der Umstellung auf ökologische Anbauweisen. Mehr als zwei Drittel der Lebensmittel, die die Gepa, dwp oder El Puente anbieten, sind mittlerweile auch biozertifiziert. Bananen von BanaFair stammen sogar zu 100 Prozent aus biologischem Anbau. Etwa 60 Prozent der Fairtrade-zertifizierten Lebensmittel gelten offiziell als „bio“. Anders formuliert heißt das jedoch: Wer etwas für die Menschen im Süden tun will, zugleich aber auch die Umwelt schützen möchte, muss sich am Regal manchmal für das eine oder das andere entscheiden. „Fair und bio ist nun einmal nicht das Gleiche. Es sind allerdings zwei Ansätze, die sehr gut zueinanderpassen“, so Antje Edler.

Oft bildet der Einstieg in das System des fairen Handels für Kleinbauern überhaupt erst die Grundlage dafür, auch Umweltbelange beim Anbau zu berücksichtigen. „Mit der Erteilung des Fairtrade-Siegels sind bereits bestimmte Umweltkriterien verbunden, etwa der Schutz des Waldes, die Reduktion des Wasserverbrauchs oder der Verzicht auf bestimmte Pestizide“, betont Claudia Brück von der Siegelinitiative Transfair. Oft geht es ganz einfach um die Organisation der Arbeit – im konventionellen Anbau werden Pestizide nicht selten versprüht, während die Erntehelfer noch auf den Feldern sind. Langfristige Lieferverträge und zinsgünstige Kredite ermöglichen den Teilnehmern am fairen Handel im zweiten Schritt vielerorts den Einstieg in den zertifizierte Bioanbau. „Die Umstellung der Produktionsweise ist gerade für die Kleinbauern eine finanzielle Durststrecke, da die Erträge der folgenden Ernten zunächst deutlich zurückgehen“, so Claudia Brück. Bis das Biolabel genutzt werden darf, vergehen mehrere Jahre – schon allein, damit die Böden frei sind von Schadstoffen.

Wie wenig sich faire und biologische Kriterien in der Praxis voneinander trennen lassen, zeigt sich auch bei ökologischen Anbauverbänden wie etwa Naturland. Schon bisher hielt man sich dort zugute, mit Ökostandards zu arbeiten, die strenger sind als die des offiziellen Biosiegels. Das Umwelt-Know-how floss ein in die Zusammenarbeit mit Fairtrade-Organisationen wie Gepa oder BanaFair. Nun geht Naturland einen Schritt weiter: Der Anbauverband entwickelte eigene Fair-Kriterien, deren Zertifizierung zusammen mit der jährlichen Ökokontrolle stattfindet – auf freiwilliger Basis (siehe auch unten). „Mit öko, sozial und jetzt auch fair deckt Naturland als erster Ökoverband die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ab“, fasst Hans Hohenester, Naturland-Bauer und Präsidiumsvorsitzender, die neue Initiative zusammen. Zusammen mit dem Weltladen-Dachverband geht Naturland auch politisch in die Offensive. Unter dem Motto „Öko & Fair ernährt mehr“ trommelt man gemeinsam für eine „zukunftsfähige“ Ernährungspolitik, die gerade bei kleinbäuerlichen Betrieben in den Produzentenländern ansetzt. Man setzt also nicht nur auf die Verbraucher, die Politik mit dem Einkaufswagen betreiben, sondert konfrontiert Landwirtschaftsministerin Aigner und Entwicklungsminister Niebel mit konkreten Forderungen, etwa den Abbau der Exportsubventionen im Agrarsektor.