: „Putin, stopp den Krieg!“
PROTEST Vor der russischen Botschaft in Berlin demonstrieren 250 Menschen gegen Russlands Präsident. Viele fürchten um ihre ukrainischen Verwandten
DEMONSTRANTIN SOFIA BEGALIYEVA
BERLIN taz | 94 Tote, 294 Vermisste: Das ist die Bilanz der Rebellion in der Ukraine, die „Euromaidan Berlin“ am Sonntag bei einer Kundgebung vor der russischen Botschaft in Berlin zieht. „Putin, wir brauchen deinen Schutz nicht“ – „Putin, hands off Ukraine“ – „Putin, stopp den Krieg“ lauten die Parolen auf einigen der Transparente, die die rund 250 Teilnehmer der Demonstration am Sonntag mitgebracht haben.
„Putin möchte ganz klar die Lage in der Ukraine destabilisieren, um sie dann in die Richtung zu lenken, wie es im bequem ist“, sagt Oleksandra Bienert, eine der Koordinatoren von Euromaidan Berlin. Die ukrainische Gruppe appelliert an Russlands Präsident, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen, und fordert die deutsche Regierung auf, klare Position zu beziehen.
Die Angst vor einem Krieg hat wohl die meisten Demonstranten hergeführt: „Wir haben die russischen Truppen nicht eingeladen“, sagt Sofia Begaliyeva, „ich hoffe sehr, dass es nicht zu Blutvergießen kommt.“ Die 25-jährige Studentin der Betriebswirtschaft stammt aus der Krimstadt Sebastopol. Neben ihr trägt eine 55-jährige Ukrainerin ein Schild mit der Aufschrift: „Bruder, töte nicht den Bruder“. Sie arbeite seit 10 Jahren als Reinigungskraft in Berlin, berichtet sie, auch ihre Schwester lebe seit langer Zeit in Deutschland. Ihre größte Sorge: „Nur kein Krieg“, sagt sie. „Wir haben alle Angst. Putin soll uns in Ruhe lassen!“ Von ihren Söhnen zu Hause im westukrainischen Ternopil und über Facebook bekommen sie stündlich Nachrichten – und die sind dramatisch: „Erst gestern haben sie einen 19-jährigen Freund der Familie beerdigt, der auf der Straße erschossen worden ist“, sagt sie. Die Schwestern fürchten um die Zukunft ihrer Jungen: „Was nutzen ihnen ihre Diplome, es gibt keine Jobs mehr, kein Geld, alles geht kaputt, und jetzt die Gewalt, viele Menschen sind verschwunden.“ Miroslava Frank, 42, sagt: „Die Gefahr droht doch nicht nur der Ukraine, Putin will mehr, er wird auch Polen und Deutschland bedrohen.“
Astrid Dziadek und Walter Schmidt sind dem Aufruf zur Demonstration gefolgt, weil sie „für Freiheit und Demokratie“ einstehen wollen. Sie fordern von US-Präsident Obama „eine klare Ansage an Putin: ‚Bis hierher und nicht weiter!‘ “. Der Westen müsse mit Sanktionen zeigen, dass man es ernst meint, sagt Walter Schmidt. Möglich wäre etwa der Ausschluss Russlands von internationalen Konferenzen wie dem G-8-Gipfel oder „eine klare Gegendrohung, notfalls auch militärisch“. LI