: Ab ins Fegefeuer
QUAL Am Samstag trennten sich der Hamburger SV und der 1. FC Nürnberg 1:1. Und einer der beiden Trainer kommt in die Hölle
Heute wollen wir über die Hölle sprechen. Halleluja, gepriesen sei der Herr. Ihr alle habt schon vom Fußballgott gehört und wenn es den gibt, dann gibt es natürlich auch einen Fußballteufel, der in der Fußballhölle sitzt. Dort, wo die Hölle am heißesten ist, und der Schwefel fürchterlich beißt, da sitzen die Fußballtrainer, die uns Zuschauer mit defensivem Fußball viele Jahrzehnte gequält haben.
Der Fußballteufel führt eine Liste und wahrscheinlich handelt es sich mittlerweile um eine Excel-Tabelle, auf der die Trainer stehen, die schon tot und längst in der Fußballhölle schmoren: Helenio Herrera, der nicht umsonst der „Totengräber des Fußballs“ genannt wurde, sein Nachfolger als Trainer der italienischen Nationalmannschaft Ferruccio Valcareggi, Karl Rappan und Jupp Derwall. Dann sind da die Trainer, die noch leben, aber sicher in die Hölle kommen: Enzo Bearzot, Rudi „Riegel“ Gutendorf, Klaus Schlappner, Héctor Cúper, Otto Rehhagel, Carlos Bilardo, Azeglio Vicini, Giovanni Trapattoni, Carlos Dunga, Huub Stevens. Und dann sind da die Herren, bei denen sich der Teufel noch nicht sicher ist.
Zu denen gehört Dieter Hecking, der Trainer des 1. FC Nürnberg. Der spielte gegen den Hamburger SV mit vier Mann in der Abwehr, einem defensiven Mittelfeldspieler, der zunächst Piotr Trochowski, dann Paolo Guerrero in Manndeckung nahm, vier mehr oder weniger defensiven davor und einem Stürmer. „Die standen sehr tief“, sagte HSV-Innenverteidiger Heiko Westermann nach dem 1:1 am Samstag vor 54.100 Zuschauern im Volkspark-Stadion. „Wenn der Gegner so tief steht, wird es für die Heimmannschaft schwer“, sagte Westermanns Trainer Armin Veh, der nicht in die Trainerhölle kommt. Wenn der zentrale Mittelfeldspieler Trochowski bis zu seiner Auswechslung schwach spielt, wird es noch schwerer. Mit Eljero Elia links, Guerrero in der Mitte und Jonathan Pitroipa rechts, wurde es in der zweiten Halbzeit besser. Wenn der HSV ein paar Chancen hat und – durch Joris Mathijsen (61.) – nur ein Tor macht, die Schiedsrichter – nicht immer zu Recht – Abseitsstellungen des guten Pitroipa pfeifen und Nürnberg einen Elfmeter geben, der keiner ist, den Javier Pinola verwandelt (82.), und dem HSV zu Unrecht einen verweigern, dann wird es zu schwer für einen Sieg.
Der am stärksten frequentierte Bereich der Fußballerhölle ist die Schiedsrichterhölle. Dort singen die Teufel mit der Stimme von Markus Merk den ganzen Tag deutsche Volkslieder. Kann sein, dass Markus Wingenbach aus Dietz auch dort landet. Kann aber auch sein, dass der Teufel sagt: Wer aus Dietz kommt hatte die Hölle auf Erden. Es gibt nur noch einen Bereich, in dem ähnlich viele Teufel wie im Schiedsrichter-Bereich sitzen: die Lounge der Sportjournalisten.
Kommt Hecking in die Hölle, dann muss er auf einem Stuhl mit lauter Spitzen sitzen und das Spiel seiner Mannschaft gegen den HSV anschauen. Ungefähr 25 Prozent Ballbesitz für Nürnberg. Und er muss immer wieder seinen Satz, dass der Punktgewinn „absolut verdient“ gewesen sei, hören. Nach 250 Jahren hat er genug gebüßt und darf ins Fegefeuer. Halleluja, gepriesen sei der Herr. ROGER REPPLINGER