: Mehr Zeit zum Hochstellen von Möbeln
Elbe-Anwohner können jetzt früher gewarnt werden. Mehr Überschwemmungsflächen gibt es aber nicht
DRESDEN taz ■ Die Anwohner der Elbe sollen früher wissen, wann ihnen vollgelaufene Keller und nasse Füße drohen. Das war die Botschaft der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe IKSE, die gestern in Dresden einen ersten Zwischenbericht vorlegte. Der Aktionsplan war nach der Hochwasserkatastrophe vom August 2002 beschlossen worden. Der Kommission gehören Tschechien, Deutschland und die Europäische Union an.
Die Verbesserung des Vorhersage- und Warnsystems sei der „wichtigste Fortschritt“, sagte der stellvertretende tschechische Umweltminister Frantisek Pojer. So kann der tschechische Pegel bei Usti 48 Stunden und der in Dresden 60 Stunden im voraus angekündigt werden. Fritz Holzwarth vom Bundesumweltministerium lobte die verbesserte Zusammenarbeit mit dem Nachbarland, mahnte aber zugleich, dass verstärkt mit extremen Wasserständen gerechnet werden müsse.
Etwa 250 Kilometer und damit ein Drittel der als sanierungsbedürftig eingestuften Deichabschnitte in Deutschland sind inzwischen überholt worden. Das hat rund 240 Millionen Euro gekostet. Etwa ebenso viel soll nun noch bis zum Jahr 2015 ausgegeben werden. Außerdem hat Sachsen bei Lauenstein eine neue Talsperre gebaut. Die tschechische Seite investiert insgesamt etwa eine halbe Milliarde Euro in Schutzbauten.
Wenig Zählbares weist der Bericht dagegen zum Thema natürliche Überschwemmungsgebiete aus. Eine Studie berechnet zwar 97 solcher Flächen in Deutschland. Dank verbesserter planungsrechtlicher Grundlagen werden auch verstärkt Gebiete ausgewiesen, in denen Nutzung und Bebauung eingeschränkt werden. Die Maßnahmen hätten jedoch „noch nicht zu einer erheblichen Verschiebung der anteiligen Flächennutzung geführt“, räumt der Bericht ein.
Auch die Binnenschifffahrt und der geplante Bau einer Staustufe bei Děčín spielten bei der Vorstellung des Berichts eine Rolle. Der Vertreter des deutschen Umweltministeriums bestätigte, dass in einer Zielvereinbarung mit Tschechien die Schiffbarkeit der Elbe an 345 Tagen pro Jahr angestrebt und zur Zeit „unter keinen Bedingungen erreichbar“ sei. Dazu müssten „in erheblichem Umfang“ Staustufen in Deutschland gebaut werden. Dies zu vermeiden sei unverändert politischer Konsens in Berlin. Man habe nach dem Hochwasser von 2002 außerdem mit dem Verkehrsministerium vereinbart, dass alle Baumaßnahmen im Interesse der Binnenschifffahrt den Wasserabfluss im Hochwasserfall nicht behindern dürften.
Auch Slavomir Vosika, der tschechische IKSE-Sprecher, räumte ein, bei der deutsch-tschechischen Vereinbarung zur Sicherung einer Fahrrinnentiefe von 1,60 Metern handele es sich überwiegend um „Wunschdenken“. MICHAEL BARTSCH