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Archiv-Artikel

Noch mehr Rüstung

CHINA Dem Volkskongress wird weitere Steigerung des Militäretats angekündigt

AUS PEKING FELIX LEE

Noch im November hatte Chinas seit einem Jahr amtierender Staatspräsident Xi Jinping umfassende Veränderungen versprochen. Sie seien vom Ausmaß her mit den großen Wirtschaftsreformen Ende der 70er Jahre zu vergleichen, als Deng Xiaoping die Volksrepublik der Außenwelt öffnete. Nun macht Xi Ernst. Doch während die meisten Beobachter von dringend notwendigen Wirtschaftsreformen ausgingen, holt Xi zum großen Schlag im Militärbereich aus.

Um 12,2 Prozent will Chinas Führung in diesem Jahr ihren Militärhaushalt erhöhen, auf umgerechnet insgesamt 130 Milliarden Dollar. Dies gab sie am Mittwoch bei der Eröffnung des jährlichen eineinhalbwöchigen Plenums des Nationalen Volkskongresses in Peking bekannt. Da in China die Soldaten der Volksbefreiungsarmee seit jeher auch im Innern eingesetzt werde, so dass eine saubere Etattrennung kaum möglich ist, muss auch der Haushalt für die Innere Sicherheit einberechnet werden. Er steigt um 6,1 Prozent auf umgerechnet 34 Milliarden Dollar. Da auch Waffenkäufe aus dem Ausland aus anderen Töpfen gezahlt werden, summieren sich Chinas gesamte Rüstungsausgaben auf über 200 Milliarden Dollar. Nur die USA geben mit 526 Milliarden Dollar mehr aus.

Der Militäretat ist damit in diesem Jahr der Haushaltsposten mit der höchsten Steigerungsrate. Das zusätzliche Geld soll vor allem in die Küsten- und Luftabwehr sowie in die Entwicklung von hochtechnologischen Waffen investiert werden. „Unter Berücksichtigung der neuen Bedingungen müssen Chinas Streitkräfte modernisiert und gestärkt werden“, begründet Premierminister Li Keqiang in seinem Rechenschaftsbericht die erhöhten Ausgaben. Was er damit konkret meint, führt er in seiner Auftaktrede ebenfalls aus: China müsse „die Vorbereitung auf militärische Kämpfe in alle Richtungen vorantreiben“. Im Innern wie auch nach außen.

Schon nehmen internationale Militärexperten ihn allzu wörtlich und fürchten, die Volksrepublik könne als neue Militärmacht eine weltweite Führungsrolle beanspruchen und verweisen auf die sich zuletzt zuspitzenden Konflikte im ost- und südchinesischen Meer mit Japan, den Philippinen und Vietnam.

Dabei gilt offiziell auch weiter die einst unter dem Reformer Deng Xiaoping ausgegebene Doktrin, sich außenpolitisch zurückzuhalten. Chinesische Militärexperten wiegeln daher ab. Yin Zhuo, Direktor des Beratungskomitees der Volksbefreiungsarmee, verweist darauf, dass der Anteil der Militärausgaben an der Wirtschaftsleistung weiter bei unter 1,4 Prozent liege. Der weltweite Durchschnitt betrage 3 Prozent. „Der Ausbau des Militärapparats dient ganz allein der Verteidigung“, betonte Yin.

In der Tat gilt trotz massiver Aufrüstung in den letzten Jahren ein großer Teil der über 2,1 Millionen Soldaten zählenden Volksbefreiungsarmee als rückständig und marode. Laut dem US-Fachmagazin IHS Jane’s wird es noch Jahre dauern, bis Chinas Armee eine wirklich moderne Kampftruppe ist.