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Archiv-Artikel

Regierung schröpft Sozialkassen

GESUNDHEIT Um den Haushalt zu konsolidieren, will Finanzminister Schäuble den Krankenkassen die steuerfinanzierten Zuschüsse kürzen

„Konsolidierung zulasten der Kassen ist nicht akzeptabel“

HILDE MATTHEIS, SPD

VON HEIKE HAARHOFF

BERLIN taz | Wolfgang Schäuble verfolgt ein historisches Ziel. Der CDU-Bundesfinanzminister möchte 2015 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Es wäre das erste Mal seit 1969. Erreichen will Schäuble dieses Ziel, indem er sich an den Sozialkassen bedient. Allerdings riskiert er damit womöglich einen handfesten Koalitionskrach mit der SPD.

Schäuble will, wie am Mittwoch bekannt wurde, den Bundeszuschuss für 2015 an die gesetzlichen Krankenkassen erneut kürzen. Er soll dann nur noch 11,5 Milliarden Euro betragen, 2,5 Milliarden Euro weniger als zugesagt. Bereits dieses Jahr fließen nur 10,5 statt der vorgesehenen 14 Milliarden Euro aus Steuermitteln an die Krankenversicherungen.

Aus dem steuerfinanzierten Bundeszuschuss werden versicherungsfremde Leistungen bezahlt, etwa die kostenlose Mitversicherung von Familienangehörigen ohne eigenes Einkommen oder Krankengeld für Eltern, die ihre kranken Kinder betreuen. Entsprechend harsch fiel die Kritik des Koalitionspartners aus. „Haushaltskonsolidierung zulasten der Sozialkassen ist nicht akzeptabel“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis. Durch die Kürzungen werde es zu Belastungen – sprich höheren Versicherungsbeiträgen – auf Kosten der Arbeitnehmer kommen. Mattheis forderte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auf, sich gegen Schäuble zu behaupten.

Doch genau das hat Gröhe offenbar nicht vor. „Wir haben zurzeit Reserven in Höhe von über 30 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung“, sagte Gröhe, „das ist ein sehr solides Polster.“ Er und der Bundesfinanzminister hätten vereinbart, dass das Geld, das nun „vorübergehend“ zur Entlastung des Haushalts zur Verfügung gestellt werde, später wieder in den Gesundheitsfonds zurückfließe. Daher werde der Bundeszuschuss vom Wahljahr 2017 an dauerhaft um jährlich 500 Millionen Euro auf dann 14,5 Milliarden Euro erhöht.

Gröhe widersprach Vorwürfen, die Kürzungen hätten Auswirkungen auf die Versichertenbeiträge. Den Kassen stünden auch 2014 und 2015 jeweils die 14 Milliarden Euro zur Verfügung. Gröhe bezieht sich damit auf die Reserven des Gesundheitsfonds. Der Fonds ist die Geldsammel- und -verteilstelle der Krankenkassen, in ihn fließen die Bundesmittel sowie die Versichertenbeiträge.

Die Krankenkassen reagierten empört. Bereits 2013, noch unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), hatte Schäuble den Bundeszuschuss gekürzt; auch damals hieß es, es handele sich um einen „einmaligen“ Eingriff. Die Chefin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Doris Pfeiffer, warnte vor einem „Beschleunigungsprogramm für Beitragserhöhungen“. Die aktuelle Finanzsituation dürfe „nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben spätestens 2015 wieder aufgeht“.

Die aktuelle Finanzlage der Kassen erscheint indes weniger düster: 30,3 Milliarden Euro Reserven lagern derzeit im Fonds. Dies ist insofern erstaunlich, als der Fonds eben schon 2013 2,5 Milliarden Euro weniger Steuerzuschüsse erhielt, aber zugleich 2,3 Milliarden Euro mehr aufwenden musste, als Ausgleich etwa für die abgeschaffte Praxisgebühr. Aber noch sorgt eben die stabile Konjunktur für Entspannung.

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