: Bericht: 632 Tote
ÄGYPTEN Staatlicher Menschenrechtsrat äußert sich zur Auflösung des Protestcamps der Muslimbrüder
AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY
Mindestens 632 Menschen, darunter acht Polizisten, sollen in Kairo im August bei der Auflösung der von den Muslimbrüdern angeführten Protestlager in Rabba Adawiya gegen den Militärputsch ums Leben gekommen sein. Das ist das Ergebnis der ersten offiziellen Untersuchung der Ereignisse durch den Ägyptischen Menschenrechtsrat.
Die Studie wurde diese Woche in Kairo vorgestellt. Auch wenn es sich beim Menschenrechtsrat um ein staatliches Gremium handelt, setzt er sich kritisch mit den Sicherheitskräften auseinander. Zwar wirft er den Protestierenden vor, zuerst geschossen zu haben. Auf der Pressekonferenz wurden Videos gezeigt, die Bewaffnete zeigen, die in der Menge der Demonstranten Schutz suchen, nachdem sie geschossen haben.
Aber der Rat erklärt auch, dass die Reaktion der Sicherheitskräfte unverhältnismäßig gewesen sei. Bei den meisten Toten handele es sich um friedliche Demonstranten. Zwar hätten die Sicherheitskräfte den Demonstranten eine sichere Passage geöffnet, allerdings nur 25 Minuten lang, was nach Meinung des Rates nicht ausgereicht habe.
Die auf der Pressekonferenz anwesenden Ratsmitglieder mussten sich kritischen Fragen von Journalisten stellen, die die Zahl der Toten höher einschätzten. Auch sollten sie Auskunft geben, warum nicht erwähnt wird, dass viele, die die Passage benutzt hatten, verhaftet wurden. Dies führte dazu, das viele Demonstranten es vorzogen, auf dem Platz zu bleiben. Die Journalisten warfen dem Rat vor, die Rolle des Militärs nicht ausreichend beleuchtet zu haben.
Zeitgleich ging der Prozess gegen 20 Journalisten weiter, die angeklagt sind, terroristische Gruppierungen zu unterstützen. Die Staatsanwaltschaft präsentierte Beweisstücke, die im Hotelzimmer der in den Medien als „Mariott-Zelle“ titulierten Journalisten des englischsprachigen Fernsehsenders Al-Dschasira International gefunden worden waren. Kistenweise wurden dem Richter im Verfahren gegen den Australier Peter Greste alltägliche Geräte der Fernseharbeit bis hin zu Kabeln und einer Computertastatur vorgeführt. Der Richter kämpfte damit, die Kisten zu öffnen, und vertat sich zwischendurch in der Zahl der Kameras. Unklar ist, was die Staatsanwaltschaft damit beweisen will.