: Kein Protest gegen Volkszählung erwartet
Chef-Statistiker Hahlen versichert, aus der letzten Volkszählung gelernt zu haben – und will alte Fehler vermeiden
BERLIN taz ■ Das Statistische Bundesamt rechnet nicht mit breitem Bürgerprotest gegen die für 2011 angekündigte Volkszählung. Die amtliche Statistik habe aus dem Widerstand in den Achtzigerjahren gelernt, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen, gestern in Berlin.
Das Bundeskabinett hatte am Dienstag beschlossen, dass sich Deutschland an einer neuen europaweit geplanten Volkszählung beteiligt. Sie soll 2011 stattfinden. In den 80er-Jahren hatte es gegen Volkszählungen in Westdeutschland und der DDR erhebliche Proteste gegeben. In dem Zusammenhang verkündete das Bundesverfassungsgericht Ende 1983 ein Urteil zum Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“.
„Für die amtliche Statistik war das ein schmerzlicher Lernprozess“, sagte Hahlen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei aber eine große Errungenschaft. Deshalb würden auf gar keinen Fall irgendwelche Daten, die das Statistische Bundesamt im Rahmen der Volkszählung ermittelt, an örtliche Verwaltungen weitergegeben. Das heißt: Kommt bei der Volkszählung zum Beispiel heraus, dass ein Bürger in einem Wahlkreis gemeldet ist, wo er aber nicht mehr wohnt, wird er deshalb nicht angeschwärzt.
Nach Einschätzung des Statistischen Bundesamtes gibt es in Deutschland – verglichen mit anderen Ländern – nur eine vergleichsweise geringe Bereitschaft, an umfangreicheren Befragungen zur Person teilzunehmen. Bei der jährlichen Erfassung des sogenannten Mikrozensus bei einem Prozent der Bevölkerung liegt die Verweigerungsrate trotz Auskunftspflicht bei fast fünf Prozent.
Auch für die Volkszählung wird es eine Auskunftspflicht geben. Ziel ist es, die Daten der Einwohnermeldeämter mit denen der Bundesagentur für Arbeit abzugleichen. Zusätzlich werden alle Haus- und Wohnungseigentümer per Post um Informationen gebeten. Die Bewohner von Alters- und Studentenwohnheimen bekommen Besuch von Interviewern. Um die sogenannte „Karteileichenrate“ zu ermitteln, wird auch eine Befragung von etwa 7,2 Millionen Menschen an der Haustür stattfinden.
SOPHIE HAARHAUS