: Die Grashalme dieser Erde
Der neue „Atlas der Globalisierung“ ist fertig. Sie wollen schon mal eine Kostprobe? Bitte!
Klaus Töpfer, Ex-Bundesumweltminister, von 1998 bis 2006 Direktor des UN-Umweltprogramms. Aus dem Vorwort „Für die Globalisierung der Nachhaltigkeit“:
„Das Polareis schmilzt, die Meere versauern, werden wärmer und steigen an, die Permafrostböden weichen auf (was zusätzliche Mengen von Klimagasen freisetzt), extreme Wetterphänomene nehmen zu. All das sind keine Horrorbilder nervöser Umweltschützer, sondern allseits zu beobachtende Fakten. Diese Klimaentwicklung wird die globalen Spannungen und Verteilungskonflikte verschärfen. Die kommenden Generationen werden die Kosten begleichen müssen, die wir bei den Kalkulationen für unseren Wohlstand unberücksichtigt lassen. Und die Menschen in den Armuts- und Entwicklungsgürteln Afrikas, Asiens und Lateinamerikas, die nicht oder nur sehr begrenzt für den Klimawandel verantwortlich sind, zahlen bereits heute die doppelte Zeche dafür, dass in den Industrieländern nach wie vor der Konsum als erste Bürgerpflicht angemahnt wird – und zwar um jeden Preis.“
Susan George, Vizepräsidentin von Attac Frankreich. Auszug aus ihrem Beitrag „Wo Elefanten kämpfen“:
„Wo Elefanten kämpfen, wird das Gras zertrampelt, so ein afrikanisches Sprichwort. Heute müssen sich immer mehr Bewohner dieser Erde wie Grashalme vorkommen, die zur falschen Zeit am falschen Platz wachsen. Gleichzeitig wird die expandierende Europäische Union immer attraktiver für die vielen Menschen, die den sogenannten „failed states“ etwa in Afrika entkommen wollen. Eine ähnliche Magnetwirkung hat nach wie vor der American Dream für die weiter wachsende Anzahl der Armen. Dabei machen die reichen Länder diesen Armen das Leben noch schwerer. Sie haben zum Anwachsen der Schuldenberge beigetragen und zugleich die Entwicklungshilfe auf ein Minimum beschränkt, wobei sie ihre Leistungen zumeist noch an wirtschaftspolitische Bedingungen knüpfen. Sie haben für die Exportgüter der gefesselten Länder des Südens zu wenig gezahlt, sie haben Finanzkrisen zugelassen, die viele dieser Länder in den Ruin trieben. Und sie haben immer wieder korrupte Regime unterstützt.“
Mark Hertsgaard, US-Autor. Aus dem Beitrag „Silberstreif am Horizont“:
„Eine der ermutigendsten Geschichten, die ich kenne, ist die der brasilianischen Stadt Curitiba. Curitiba hat sich aus einer höllischen Dritt-Welt-Stadt, die in Verkehr und Müll schier erstickte, in ein Modell für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit verwandelt – obwohl die Stadt sehr arm ist. Das wurde möglich, weil die Menschen einen Bürgermeister gewählt haben, der hochfliegende Ideen entwickelt und dennoch unbeirrbar praktisch denkt. Jaime Lerner entwarf die Vision von einem weniger verschmutzten, sozial gerechteren Curitiba, begann dann aber, den Bürgern klarzumachen, dass diese Vision nur Wirklichkeit wird, wenn sie selbst dazu beitragen. Und das taten sie dann auch.“
Johan Galtung, Begründer der internationalen Friedens- und Konfliktforschung. Auszug aus seinem Beitrag „Von Zapatero lernen“:
„Am Beispiel Spaniens lässt sich zeigen, wie sich der Westen sinnvoll in Bezug auf den vielschichtigen Konflikt verhalten kann, der gemeinhin als „Terrorismus“ bezeichnet wird. Ministerpräsident José Luis Zapatero hat auf die brutalen Attentate vom 11. März 2004 in Madrid ganz anders reagiert als etwa George W. Bush nach dem 11. September 2001 und Tony Blair nach dem 7. Juli 2005. Er hat erstens nahezu 400.000 illegalen marokkanischen Immigranten, die eine Beschäftigung nachweisen konnten, einen legalen Status gegeben. Er hat zweitens die spanischen Truppen aus dem Irak abgezogen. Er hat drittens einen Dialog mit dem König von Marokko begonnen, bei dem zweifellos auch die beiden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla zur Debatte stehen. Und er hat viertens die Initiative zu einer „Allianz der Kulturen“ ergriffen, in deren Rahmen unter Schirmherrschaft der UN u. a. eine Diskussion mit dem türkischen Regierungschef in Madrid stattgefunden hat.“
Suketu Mehta, preisgekrönter indischer Autor. Aus seinem Beitrag „Bombay, Stadt der Zukunft“:
„Bombay braucht dringend eine drastische Verbesserung der elementaren kommunalen Leistungen, also des Straßen- und Abwassernetzes, des städtischen Transportwesens, der medizinischen Versorgung, der Sicherheit für die Bürger. Doch die Stadt steht vor einem Widerspruch, den einer der Stadtplaner so beschrieben hat: „Je angenehmer wir die Stadt machen, desto mehr Menschen werden herziehen, um hier zu leben.“ Heute stammt die große Mehrheit der Binnenmigranten aus den verarmten nordindischen Bundesstaaten Uttar Pradesh und Bihar. Die Probleme von Bombay sind also nicht zu lösen, bevor die Probleme von Bihar gelöst sind. Entscheidend ist, dass der Bauer in Bihar auf seinem Acker bleibt. Und das bedeutet: Die kleinen Bauern müssen wieder von der Landwirtschaft leben können.“