: Spanplatten als Perspektive
CAMP AUF DEM ORANIENPLATZ
Die Zelte auf dem Oranienplatz sind ein „politisches Mahnmal“ für die Probleme im Asyl- und Zuwanderrecht, sagte die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), noch im Sommer. Inzwischen ist das Camp mindestens so sehr ein Zeugnis der politischen Ratlosigkeit: Alle Verantwortlichen sind sich zwar einig, dass die Flüchtlinge dort auf Dauer nicht bleiben können. Wie man ihnen bei der derzeitigen Rechtslage aber eine Perspektive bieten soll, damit sie freiwillig den Platz verlassen, weiß keiner.
In dieser Woche wurde die Ratlosigkeit noch um ein paar Bretter manifester: Jetzt stehen dort nicht nur Zelte, sondern aus Spanplatten zusammengeschraubte Holzhütten. Die Flüchtlinge wollen vorsorgen. Ende März wird wohl die Unterbringung in Winterunterkünften auslaufen, dann werden wieder mehr Menschen auf dem Oranienplatz wohnen.
Angesichts der Holzverschläge ging ein Aufschrei durch die Landespolitik – und durch die Medien. Nach der Angst vor Ratten und vor einer Infektionsgefahr wurde vonseiten der CDU nun der fehlende Brandschutz gegen das Camp ins Feld geführt. Und es stimmt ja: Ein Brand auf dem Oranienplatz wäre verheerend. Aber diese Gefahr bestand angesichts der alten Stromkabel und Kochgelegenheiten schon die ganze Zeit.
Eine andere Meldung fand weit weniger Aufmerksamkeit: In der Nacht zu Dienstag ist bereits ein Zelt abgebrannt. Die Camp-Bewohner sprechen davon, dass es einem Algerier über dem Kopf angezündet wurde. Der Mann habe sich mit Verletzungen retten können.
Man muss sich das vergegenwärtigen: Es fehlte nicht viel, dann wäre auf dem Oranienplatz ein Mensch verbrannt.
Erst vor Kurzem war der Toilettenwagen der Campbewohner abgefackelt und Buttersäure in das Infozelt geschüttet worden. Auf rechten Websites wie der Facebook-Seite der „Bürgerbewegung Hellersdorf“ kursiert schon lange Hetze gegen das Camp. Zum Beispiel: „Nen richtigen Cocktail da rein werfen und schon ist Ruhe. Schwarz sind die ja schon …“
Die Polizei scheint den Ernst der Lage begriffen zu haben: Nach anfänglichem Zögern hat der Staatsschutz die Ermittlungen zum Zeltbrand übernommen. Eine Funkstreife patrouilliert am Oranienplatz Tag und Nacht. Das illegale Camp muss bewacht werden.
Die Hoffnungen liegen nun auf Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD), die mit den Bewohnern verhandelt. Die Hütten deuten allerdings nicht darauf hin, dass die Flüchtlinge viel auf diese Gespräche geben. ANTJE LANG-LENDORFF