: Knigge für staatliche Firmen
Bürgermeister Böhrnsen und Finanzsenator Nußbaum wollen Licht ins Dunkel der bremischen Gesellschaften bringen: Gehälter sollen offen gelegt, die Aufsichtsrats-Mandate limitiert werden
von Jan Zier
Die Zahl seiner Aufsichtsrats-Mandate ist so groß, dass auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) sie nicht auf Anhieb nennen kann. Acht mögen es sein, sagt er nach einigem Nachdenken, aber vielleicht hat er auch ein paar vergessen. Kein Wunder – Bremen hält derzeit fast 300 Beteiligungen an privaten Unternehmen, 122 davon als Mehrheits-Gesellschafter. Da kann auch ein „Beteiligungssenator“, wie Nußbaum sich gestern nannte, mal die Übersicht verlieren. Fest steht jedoch: Nußbaum verstößt gegen den „Public Corporate Governance Kodex“, den er gestern gemeinsam mit Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) vorstellte. Darin wird unter anderem die Zahl der Aufsichtsrats-Mandate auf fünf beschränkt – allerdings frühestens zum Geschäftsjahr 2007. Noch ist das Papier ein Entwurf, entstanden ohne den Koalitionspartner CDU. Deren Fraktionschef Hartmut Perschau meldete sofort rechtliche Bedenken an.
Die Forderungen des Kodex sind ebenso alt wie wohlfeil: Transparenter und effizienter sollen die städtischen Gesellschaften werden, schließlich kassieren sie und ihre mehr als 19.000 MitarbeiterInnen 167 Millionen Euro an Zuschüssen. „Wir müssen verhindern, dass sie ein Eigenleben führen“, sagt Böhrnsen. Um gleich danach zu betonen, dass es keinen akuten Handlungsbedarf gebe.
Wichtigste Neuerung des Verhaltenskodex ist die Offenlegung der Gehälter der Geschäftsführer und Aufsichtsräte. Die ist zwar laut Papier nicht verpflichtend, auch soll sie nicht gesetzlich festgeschrieben werden. Doch wer nicht veröffentlicht sehen will, was er verdient, soll dies zumindest gut begründen müssen. Böhrnsen jedenfalls machte sich gestern nachdrücklich dafür stark, die Manager-Gehälter im „Konzern Bremen“ offen zu legen, individuell und aufgeschlüsselt. Bei der CDU stieß er damit nicht auf viel Gegenliebe: Perschau will dies erst einmal rechtlich prüfen lassen.
Im übrigen, sagt die CDU, enthalte das Nußbaum-Börnsen-Papier „nicht wirklich Neues“. So dürften denn auch dessen weitere Vorschläge weniger strittig sein: So soll für „wesentliche“ Entscheidungen künftig das Vier-Augen-Prinzip gelten, Mutter, sollen wieder mit Tochter- und Enkelgesellschaften fusioniert werden, auch die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Rechtsformen einzelner Firmen soll regelmäßig überprüft werden. Und „Kleinstbeteiligungen“ will Böhrnsen ganz abstoßen – welche das sein könnten, sagte er nicht.
Nicht nur bei der Gewoba, der Straßenbahn, dem Flughafen oder dem Klinikverbund Gesundheit Nord hat Bremen seine Anteile, auch bei einem Institut für Fischqualität oder den Delmenhorster Busbetrieben hat Bremen seine Finger im Spiel. Insgesamt werden in diesen Gesellschaften zwei Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet.
Im erstem Quartal 2006 haben die drei kleineren Kliniken Ost, Nord und Links der Weser mit zusammen 226.000 Euro „Plus“ abgeschlossen, das Klinikum Mitte dagegen mit einem Minus von 1,24 Millionen. Richtig Gewinne macht die Brepark mit ihren Parkhäusern (771.000 Euro). Der Ratskeller hingegen weist ein Defizit von 109.000 Euro aus, beim Rhododendrenpark sind es 289.000 Euro, beim Flughafen sogar 969.000 Euro.