: 1-Euro-Jobs mit kleiner Perspektive
Wirtschaftssenator Wolf (PDS) will bei einem Pilotprojekt 1-Euro-Jobs probeweise zu Festanstellungen umwandeln – befristet auf drei Jahre. Die Gewerkschaft Ver.di lobt den Vorstoß, die Opposition nennt das Projekt „eine Farce“
Langzeitarbeitslose sollen eine Perspektive bekommen. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) kündigte gestern ein Pilotprojekt an, bei dem potenzielle 1-Euro-Jobber einen langfristigen Arbeitsvertrag erhalten. In vier sozialen Vereinen werden dabei 100 Stellen von den Jobcentern drei Jahre lang finanziert. Die Angestellten erhalten zwar letztlich nicht mehr Lohn als 1-Euro-Jobber, sind aber sozialversichert und haben einen Arbeitsvertrag. Wolf will damit „Arbeit statt zu Arbeitslosigkeit“ finanzieren.
Wolf forderte zudem, dass generell Zahlungen an die Arbeitslosen für die Wohnung, den Lebensunterhalt und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zusammengefasst werden. In dem Mitte Oktober beginnenden Pilotprojekt werde das bereits umgesetzt. Dort erhalten die Angestellten 1.300 Euro von den Jobcentern, erklärte Wolf. Insgesamt gebe es in Berlin momentan zwischen 30.000 und 34.000 1-Euro-Jobber. Genauere Zahlen könne man aufgrund der Fluktuation nicht angeben.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di lobte Wolfs Vorstoß. „Es ist sinnvoller, eine feste Stelle zu vermitteln. Die Arbeitslosen erhalten eine Perspektive. Damit werden psychische und körperliche Schäden verhindert“, sagte Sprecher Andreas Splanemann.
Einer der Vereine, die an dem Pilotprojekt teilnehmen, ist die Kinderbetreuungsagentur Paula Panke. Deren Leiterin, Helga Adler, bekommt 15 Arbeitsplätze zur Verfügung. Schon jetzt hätten sich 30 Frauen dafür vormerken lassen, berichtet sie. Gerade im sozialen Bereich seien in den vergangenen Jahren viele Stellen abgebaut worden. Sie warnte jedoch davor, durch dieses Projekt einen neuen Niedriglohnsektor aufzubauen.
Bei der Opposition stieß Wolf auf Kritik. Die arbeitsmarkpolitische Sprecherin der Grünen, Sibyll Klotz, erklärte, das Pilotprojekt sei „eine Farce“. Der Verdacht liege nahe, Wolf wolle „in Wahlkampfzeiten vom arbeitsmarktpolitischen Versagen des rot-roten Senats ablenken“. Auch Rainer-Michael Lehmann, der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, sagte, das Projekt könne man nur als „Taschenspielertrick“ beschreiben.
Auch der Wirtschaftsexperte Detlef Stronk, Mitglied des Schattenkabinetts von CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger, kritisierte Wolfs Ansatz. Es sei falsch, „einen öffentlichen Arbeitssektor“ zu schaffen, statt die Privatwirtschaft zu fördern.
Zu den Vereinen, die noch an dem Pilotprojekt teilnehmen, gehören der Circus Cabuwazi, der Verein Miteinander Wohnen und der Dolmetscherdienst Gesundheit Berlin.
Das Modellprojekt ist vorerst auf drei Jahre begrenzt und soll in dieser Zeit wissenschaftlich bewertet werden. Dafür ist der Senat mit dem Institut für Arbeit und Technik im Gespräch. Auch ein Beirat, bestehend aus Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Arbeitsagenturen, Senatsverwaltung und des Unternehmenverbandes Berlin-Brandenburg soll das Projekt begleiten. Marlene Wolf