Nichts lieber als Reformer

Studie wirft ARD-Talkshow „Sabine Christiansen“ einseitige Auswahl von Gästen und Themen vor

„Sabine Christiansen spielt erfolgreich Stichwortgeberin für einen einseitigen Reformdiskurs.“ Das ist das Fazit einer Studie, die der lobbykritische Verein LobbyControl gestern in Berlin vorstellte. Gegenstand der Untersuchung war die Einladepolitik der meistgesehenen Polit-Talkshow im deutschen Fernsehen.

Die Autoren der Studie Ulrich Müller und Heidi Klein stellten ein klares Ungleichgewicht zugunsten von Arbeitgebern und Unternehmern fest: Während diese im Untersuchungszeitraum Januar 2005 bis Juni 2006 50-mal vertreten waren, kamen die Gewerkschaften nur auf 16 Auftritte. Bürgerinitiativen und Verbraucherorganisationen seien nur als „Gäste am Rande“ zu Wort gekommen.

Die Anteile der verschiedenen Parteien an den Einladungen spiegelt laut Studie in etwa die Sitzverteilung im Bundestag, sei also ausgewogen. Einseitig sei dagegen die Themenauswahl. „Die Welt besteht bei ‚Sabine Christiansen‘ primär aus Wirtschaftsreformen, Wahlkampf, aus Innenpolitik und aktuellen Katastrophen oder Ereignissen“, so Müller und Klein. Internationale Politik, soziale Fragen und Ökologie seien allenfalls Randthemen.

Insbesondere 2005, im Jahr der überraschend angesetzten Neuwahlen, waren Reformen der Sozial- und Wirtschaftspolitik das zentrale Thema der Diskussionsrunden. LobbyControl kritisiert, dass dazu eingeladene Journalisten und Wissenschaftler dabei überwiegend marktliberal gewesen seien. Der davon abweichende Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sei als „linker Ökonom“ vorgestellt und damit ideologisch verortet worden, während seine Kollegen als „Experten“ tituliert worden seien. Dies habe den Eindruck von Unabhängigkeit erweckt. Dabei seien viele dieser Wissenschaftler bei neoliberalen Organisationen wie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft tätig gewesen oder als Berater für Unternehmen und Verbände im Einsatz.

Ein „Christiansen“-Redakteur nahm bei der Vorstellung der Studie übrigens die Kritik an der intransparenten Vorstellung von Gästen an, wies aber die anderen Vorwürfe zurück. Produzent Michael Heiks schrieb in einer Stellungnahme, dass „eine Firma mit dem Namen von Sabine Christiansen in eigener Sache PR machen“ wolle. „Die Vorwürfe basierten auf einer falschen Datenbasis.“ MARIUS MEYER