Schäuble plant Nullneuverschuldung

BUNDESHAUSHALT Ab 2015 will die Große Koalition ohne zusätzliche Kredite auskommen, das Defizit soll langsam sinken. Linke und Ökonomen warnen, dass in der Folge die Sozialbeiträge steigen könnten

BERLIN taz | Als „Zäsur“ bezeichnete Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch den Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt. Es wäre wirklich ein Einschnitt, wenn die Regierung endlich täte, was sie angekündigt hat. Aber: „Wir halten Wort“, betonte Schäuble. Erstmals seit 45 Jahren will die Regierung 2015 wieder ohne zusätzliches Schuldenmachen auskommen.

Das sehen die Planungen der Etatentwicklung bis 2018 vor, die das Kabinett absegnete. Nach einer geringeren Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro 2014 will Schäuble ab 2015 keine zusätzlichen Schulden mehr aufnehmen. Die Einnahmen des Bundes sollen die Ausgaben dann komplett decken. Das will die Große Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten. Von knapp 300 Milliarden Euro in diesem Jahr soll der Etat bis auf 327 Milliarden im Jahr 2018 steigen.

Weil keine neuen Miesen hinzukommen, die Wirtschaftsleistung aber trotzdem steigen soll, nimmt die Gesamtverschuldung des Staates ab. Von über 80 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt 2010 kann der Schuldenstand in Richtung 70 Prozent sinken. Im den Euro begründenden Vertrag von Maastricht ist eine Obergrenze von 60 Prozent festgelegt – sie soll, wenn sich die Wirtschaft weiter gut entwickelt, 2024 erreicht werden.

Die gute Einnahmesituation will die Koalition auch nutzen, um Akzente zu setzen. Im Schnitt sind 5,75 Milliarden Euro jährlich im Verlauf der Legislaturperiode für „prioritäre Maßnahmen“ eingeplant – insgesamt 23 Milliarden Euro. Dazu gehören zusätzliche Investitionen in Forschung (3 Milliarden Euro), Unterstützung der Länder in Sachen Bildung (6 Milliarden) und Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur (5 Milliarden).

„Der Haushaltsentwurf 2014 ist ein einziger Verschiebebahnhof“, kritisierte Gesine Lötzsch (Linke), die Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Vor allem bemängelte sie den „Griff in die Sozialkassen“. Hintergrund: Die Regierung kürzt vorübergehend den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds, der die Krankenkassen finanziert, um 6 Milliarden Euro. Unter anderem das ermöglicht die Nullverschuldung 2015. Die Opposition sieht die Gefahr, dass deshalb künftig die Sozialbeiträge der Beschäftigten und Unternehmen steigen. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt, dass ab 2018 die Sozialbeiträge steigen müssten. HANNES KOCH

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