: Hamburger Schulverweigerer
Seit zehn Jahren gibt es die Hamburger Indie-Rock-Band mit dem Namen „Sport“, doch erst jetzt kam ihr zweites Album, „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“, in die Läden – unter großer Beachtung nicht nur der einschlägigen Medien. Der Durchbruch bahnt sich an. Momentan ist die Band auf Tour durch Deutschland und Österreich, zusammen mit den Hamburger Kollegen von der Band „Kante“.
Felix Müller ist Sänger und Gitarrist der Gruppe Sport, hat deren Album produziert und ist außerdem auch Gitarrist bei Kante. Diese als lyrischer und ruhiger geltende Band hat sich bereits einen recht hohen Bekanntheitsgrad erspielt und ebenfalls vor kurzem ein neues Album veröffentlicht: „Die Tiere sind unruhig“. Als nun auch die Sport-Platte in den Läden stand, mussten sich die Bands vergleichen lassen: „Um ein Haar hätten Sport das bessere Kante-Album gemacht“, schrieb etwa das Musikmagazin Visions.
Der Vergleich liegt nahe, denn beide Bands haben nicht nur – wie erwähnt – denselben Gitarristen, sie singen auch beide auf Deutsch. „Das fällt Hörern immer als erstes auf“, sagt Müller. Dabei sei das bei Sport gar keine bewusste Entscheidung gewesen. Der erste Song sei zufällig auf Deutsch entstanden – und „ab dann war das halt so“.
Die Diskussion um die Muttersprache scheint mit zuverlässiger Regelmäßigkeit wiederzukehren. Jedes Mal mit anderen angeblichen Vorreitern, die den Weg für die Sprache – raus aus Schlager- und Volksmusik – in die Rock- und Popmusik ebneten. Derzeit wird es den Berlinern „Wir sind Helden“ zugeschrieben, vorangeschritten zu sein, und viele weitere Bands seien ihnen gefolgt. Ein paar Jahre älter dürfte sein, wer sein Erweckungserlebnis zu Musik und Texten von „Ton Steine Scherben“ hatte; die hatten sich für die Verwendung der deutschen Sprache wohl nie zu rechtfertigen.
In Hamburg, wo solche Debatten auch schon das eine oder andere Mal geführt wurden, liegt schnell ein Stichwort nahe: die „Hamburger Schule“. „Die Schublade geht immer wieder mal auf“, sagt Müller. Die Gruppe Sport passe da aber nicht rein. „Den politischen Anspruch, den ich damit verbinde, haben wir nicht.“ In den Texten von Sport geht es vielmehr um persönliche Entwicklungen – um „Aufstieg und Fall“ eben.
Sport lassen sich Zeit. Von Anfang an haben sie an ihren Ursprüngen weitergearbeitet. Die Richtung stand dabei fest: Indie-Rock. Oft verbindet diese Szene mit sich selbst einen fast modischen Anspruch: Auch hier identifiziert man sich über einen Stil und coole Buttons. „Das ist, was viele heutzutage als Indie verstehen“, sagt Müller. „Es gibt Indie-Mode-Magazine in Hochglanz und die Leute ziehen vorgerockte Klamotten an.“
Die Kommerzialisierung des Indie – auch eine Diskussion, die immer wieder geführt wird. Wenn plötzlich Röcke über Leggins wieder angesagt sind, ist mit dem Retro-Trend auch die Retro-Diskussion wieder da. Sport wollen mit diesen Diskussionen nichts zu tun haben. Zehn Jahre machen sie schon ihr Ding, zehn Jahre hat der Erfolg auf sich warten lassen. Da kann man sich ein wenig Gelassenheit leisten.
JOHANNES HIMMELREICH
Am heutigen Sonnabend sind Sport im Vorprogramm von Kante im Bremer „Lagerhaus“ zu sehen. Ihre Tour führt beide Bands nochmal in den Norden: Am 30. September spielen sie im Oldenburger „Amadeus“, am 5. Oktober feiern Sport in Hamburg im Knust den Tour-Abschluss – dann allerdings nicht als Vorband, sondern als Haupt-Act