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Archiv-Artikel

Händler: Fleisch für den Müll

Der niederbayerische Firmeninhaber, bei dem faulige Ware gefunden wurde, bestreitet Vorwürfe – er wollte alles entsorgen. Zeuge wegen Liebeskummer?

BERLIN taz ■ Schweinerei, klagt der eine und notiert unhaltbare Zustände in einem Dossier. Stimmt nicht, kontert der andere und spricht von falschen Beschuldigungen aus Rache. Der Fleischskandal in Niederbayern geht in die nächste Runde. Der Inhaber der Fleischzentrale in Metten, wo mehr als 40 Tonnen Fleisch beschlagnahmt wurden, in denen man faulige, käsige und ranzige Proben fand, streitet die Vorwürfe ab.

„Es muss erst einmal nachgewiesen werden, dass das Fleisch verkauft werden sollte“, erklärte gestern der Passauer Anwalt Klaus Zehner. Die ungenießbaren Waren hätten entsorgt werden sollen, das sei schon lange geplant gewesen. Bei den Vorwürfen handele es sich um „einen Racheakt“ eines früheren Metzgers aus dem Schlacht- und Zerlegebetrieb. Gemeint ist Sebastian W., der mit der Tochter des Firmeninhabers liiert war, bis sie sich vor 6 Wochen von ihm trennte. Letzten Freitag wurde ihm fristlos gekündigt.

Der 19-jährige Sebastian W. hatte vor mehreren Monaten in einem zweiseitigen Dossier Missstände aufgeschrieben, die er während seiner mehrjährigen Tätigkeit in der Fleischzentrale erlebt hatte. Welchen Zweck er damit verfolgte, ist unklar. Ende August wurden seine Aufzeichnungen von einem Pilzsammler in einem Wald gefunden, der sie der Polizei übergab. Der Metzgergeselle hatte angegeben, dass ihm der Koffer mit den Notizen aus seinem unverschlossenen Auto gestohlen wurde. Der Zufallsfund löste eine Razzia aus und Ermittlungen gegen den Inhaber der Fleischzentrale wegen Betrugsverdachts und Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht.

Bei einem Drittel der bisher untersuchten Proben stellte sich heraus, dass das Fleisch, u. a. Rind- und Schweinefleisch und Wild, nicht zum Verzehr geeignet ist. In einem weiteren Fall wurden mehrere Tonnen Fleisch von Schweinen, die keine Ferkel mehr waren, als Spanferkelrollbraten deklariert.

Dass Sebastian W. die von ihm dokumentierten Misstände nicht selbst angezeigt hat, ist für die Staatsanwaltschaft in Deggendorf nicht von Belang. Für Oberstaatsanwalt Alfons Obermeier zählt allein, dass die Notizen und Aussagen entscheidend für das Ermittlungsverfahren gewesen sind. „Er hat Zivilcourage gezeigt.“ Und: „An der Richtigkeit seiner Angaben gibt es keine Zweifel.“ Der Verdacht gegen den Fleischer habe sich „im Ergebnis der bisherigen untersuchten Proben und vom Gesamteindruck erhärtet“.

Das Landratsamt in Landshut prüft derzeit einen Widerruf der Zulassung des Inhabers der Fleischzentrale. Aufgrund der beschlagnahmten Waren, sagte der Pressesprecher des Landratsamtes gestern zur taz, gebe es „erhebliche Zweifel“ an der Zuverlässigkeit des Betriebes. Das wurde dem Unternehmer am Mittwoch in einem Schreiben mitgeteilt. Der Firmeninhaber aus Metten hat nun bis zum kommenden Mittwoch Zeit, zu dem angekündigten Widerruf der Zulassung Stellung zu nehmen. Solange geht der Betrieb weiter – mit nicht beanstandeter Ware. BARBARA BOLLWAHN