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Archiv-Artikel

Muskeln auf Pump

In Ostwestfalen-Lippe ist ein Anabolika-Händlerring aufgeflogen, der deutschlandweit Bodybuilder beliefert haben soll. Die SPD fordert schärfere Gesetze, um die Hintermäner zu schnappen

VON KATHARINA HEIMEIER

Das beschauliche Ostwestfalen-Lippe ist offenbar jahrelang eine Hochburg des organisierten internationalen Handels mit Dopingmitteln für Bodybuilder gewesen. Vier mutmaßliche Täter hat die Polizei vergangene Woche im Bielefelder Raum festgenommen. Sie sollen ein deutschlandweites Vertriebsnetz für illegale Anabolika und Wachstumshormone unterhalten haben. Die ermittelnde Berliner Staatsanwaltschaft spricht von einer „ziemlichen Größenordnung“.

Es sind Gruppierungen wie diese, die die SPD-Landtagsfraktion mit einem Anti-Doping-Gesetz künftig leichter fassen will. „Es geht uns um die Hintermänner in der Szene, die Trainer und Betreuer, diejenigen, die das Geld machen“, sagt der sportpolitische Sprecher Hans Theo Peschkes. Ein Gesetz solle „tiefgreifende juristische Mittel“ vorsehen. In einem Antrag fordert die SPD die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative auf.

Trotz der Größe des aufgeflogenen Anabolika-Netzwerks sind die Ermittlungen aus Sicht der „German Natural Bodybuildung und Fitness Federation“ nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“, wie der medizinische Beirat des Verbandes, Martin Hörning, sagt. „Ich bin mir sicher, dass in fast jedem Fitnessstudio Anabolika zu bekommen sind.“

Wie kein Athlet einer anderen Sportart können Bodybuilder von Anabolika profitieren. „Bei dieser Sportart ist das der direkte Weg ans Ziel“, sagt Hörning. Bodybuildern geht es vor allem um den Aufbau ihrer Muskeln. Mit Anabolika sind nach Einschätzung von Hörning innerhalb von einem Jahr Erfolge zu erreichen, die ein Training von sieben bis acht Jahren erfordern.

Nach Informationen der Neuen Westfälischen kannten sich die Tatverdächtigen, darunter ein Ehepaar, in der Branche gut aus. So sollen die Verheirateten Titel gewonnen haben, die Frau gelte als „stärkste Frau“ in Deutschland. Fotos im Internet zeigen sie im roten Bikini posierend. Ihr Mann soll einmal die Weltmeisterschaft im Schwergewicht gewonnen haben.

Inzwischen achten Preisrichter bei Wettkämpfen auch auf äußere Anzeichen des Dopings: die Anabolika-Akne, Bartwuchs bei Frauen und die so genannte Gynäkomastie, bei der Männern zunächst Schwülste um die Brustwarzen herum und schließlich Brüste wachsen. Pickel und Schwülste bringen Abzüge in der B-Note. „Die Situation ist dadurch wesentlich besser geworden“, sagt Erich Janner, Generalsekretär des Deutschen Bodybuilding- und Fitnessverbandes

Es sind aber vor allem Hobby-Sportler, die zu illegalen Mitteln greifen. „Da bringen Laien ohne Sinn und Verstand ihren Hormonhaushalt durcheinander“, sagt Hörning. Junge Männer, zum Teil noch Schüler, würden die Präparate als Tabletten schlucken oder sich Spritzen in die Schulter rammen. Die Freizeitsportler seien nur schwer für Aufklärung zu erreichen. „Solche Leute haben oft nur ein schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein und wollen sich mit Muskelbergen beweisen“, so Matthias Blatt von der Nationalen Anti Doping Agentur in Bonn.