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Archiv-Artikel

Brückenschlag nach New York

Das Auswanderermuseum Ballinstadt auf der Veddel entsteht schneller als geplant. So musste das gestrige Richtfest als Zeichen der Verbundenheit mit den Opfern des 11. September herhalten

von JOHANNES HIMMELREICH

Auf der Veddel entsteht ein Leuchtturm und eine Brücke in einem – die Ballinstadt. Gestern war das Richtfest für das geplante Auswanderermuseum. Ein „kultureller Leuchtturm“ solle sie werden, ein „kleines Gegenstück zu Ellis Island“, der New Yorker Einwanderer-Insel. „Die Ballinstadt wird eine Brücke von Hamburg nach New York schlagen“, sagte Kultur-Staatsrat Detlef Gottschalk während der Feier. Eine „Aufwertung der Veddel“ wünschte sich Hartmut Wegener von der Realisierungsgesellschaft Rege Hamburg.

In vier Monaten Bauzeit wurden 126 Stahlbetonpfähle von je 14 Metern Länge in den Boden gerammt, mehr als 1.600 Meter Mauerwerk und 1.300 Kubikmeter Beton verbaut. Eigentlich sollte das Fest erst in drei Wochen stattfinden. „Der Termin war vertraglich ausgemacht“, so Wegener . Doch es ging schneller. Nun sei das Richtfest bewusst auf den 11. September vorverlegt worden, „um unsere besondere Verbundenheit mit den USA zu unterstreichen“.

Die Verbindung zwischen Hamburg und Amerika besteht genau an dieser Stelle auf der Veddel schon seit mehr als 100 Jahren. Denn jeder Zweite, der früher in die USA ausreisen wollte, wartete hier in den Auswanderer-Baracken auf seinen Dampfer. 40 Millionen Amerikaner mit deutschen Vorfahren könnten hier ihren Wurzeln nachspüren, sagte Michael Behrendt, Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd.

Neun Millionen Euro kostet das Projekt, davon werden drei Millionen von Sponsoren bezahlt. Die Ballinstadt ist ein so genanntes Public Private Partnership-Projekt zwischen der Stadt Hamburg und Sponsoren. Einer davon ist die Hapag-Lloyd, und das kommt nicht von Ungefähr: Der Namensgeber des Projekts, Albert Ballin, war nämlich von 1907 bis 1918 bei der Hapag (Hamburg-Amerikanische-Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) angestellt. Unter ihm wuchs die Hapag zur größten Schifffahrtslinie der Welt. Er ließ 1901 die Auswanderer-Baracken auf der Veddel errichten. Den meist mittellosen Auswanderern wollte er bis zu ihrer Abreise eine Unterkunft abseits der Stadt bieten. Daran hatte die Hapag ein großes Interesse. Denn der politische Druck auf die Reederei war gewachsen, durch die Angst der Bevölkerung vor ansteckenden Krankheiten der Auswanderer. Auf mehr als 55.000 Quadratmetern entstanden daher Schlaf und Wohnpavillons, Speisehallen, Bäder, mehrere Kirchen und Synagogen sowie Räume für ärztliche Untersuchungen. Hier wurden die Auswanderer vor der Ausreise untersucht und bei Krankheitsverdacht in Quarantäne gebracht. „Bis zu 5.000 Menschen konnten hier untergebracht werden, Speisen und Getränke waren kostenlos“, sagte Behrendt. 1963 wurde die historische Ballinstadt abgerissen. Drei der rund 30 Gebäude sollen jetzt rekonstruiert werden.

„Die Besucher sollen vor allem die Beweggründe der Auswanderer nachvollziehen können“, sagte Jens Nitschke, Geschäftsführer der Firma Leisureworkgroup, die das Museumskonzept erstellt. Der erste Pavillon bietet Informationen sowie das Projekt „Link to your Roots“, in dem alle Passagierdaten der Jahre 1850 bis 1934 digitalisiert werden. Im zweiten zeigt eine Ausstellung, wie die Menschen in Europa lebten und was sie in Übersee erwartete. Im dritten Pavillon, der möglichst originalgetreu nachempfunden und eingerichtet wird, können die Besucher die Welt der Auswanderer hautnah erleben.